Aufstand mit der Pfeife in der Hand

Toblerone-Büezer wagen was!

Christian Egg

Seit zwei Monaten ringen die Arbeiterinnen und Arbeiter der Toblerone-Fabrik in Bern um eine faire Lohnerhöhung. Dafür haben sie sich einiges einfallen lassen.

Starker Auftritt: Toblerone-Elektriker Urs Brunner. (Foto: work)

Dieser Arbeitskampf interessiert die ganze Schweiz: Rund 200 Arbeitende der Toblerone-Fabrik in Bern Brünnen treten an gegen den US-Milliardenkonzern Mondelez. Sie fordern 6 Prozent mehr Lohn. Er bot zuletzt gerade mal 1,8 Prozent – und brach dann einseitig die Verhandlungen ab. Doch das Kräftemessen geht weiter, und ein Blick zurück zeigt, wie kreativ die Schoggi-Büezerinnen und -Büezer für ihre Sache kämpfen.

MUTIGE BÜEZERDEMOKRATIE

In anderen Ländern ist es gang und gäbe, in der Schweiz war es ein seltener Schritt: Am 1. März, kurz vor den Lohnverhandlungen, stellte die Belegschaft ihre Forderungen den Medien vor. Im Rampenlicht stand Werkselektriker Urs Brunner (52). Er erklärte, ordnete ein, beschrieb die Stimmung im Team. Für Brunner eine ungewohnte Aufgabe. Doch mit seiner Art kam er an. Und mit ­seiner Botschaft sowieso. «Blick», work und sämtliche Tamedia-­Zeitungen interviewten den engagierten Toblerone-Mann (rebrand.ly/einen-zacken-mehr). Sein Team dankte. Dem Konzern dagegen bereitete die grosse Aufmerksamkeit Sorgen. Zumal Brunner und seine Leute auch noch eine bemerkenswerte Petition auf die Beine stellten. «Teuerung und Krankenkassenerhöhung müssen durch eine generelle Lohner­höhung ausgeglichen werden», hiess es da. 109 Beschäftigte unterzeichneten. Und das, obwohl sie wussten, dass die Petition der Geschäftsleitung gezeigt würde. Viele liessen sich zudem fotografieren mit dem Slogan «6 Prozent mehr!». Das stärkte den Büezern in der Verhandlungsdelegation den Rücken – und der Geschäftsleitung war es eine Mahnung.

Mehrfach traf sich die Belegschaft zur Betriebsversammlung im Werk, eingeladen von der Personalkommission und begleitet von der Unia. Dort wurde nicht nur rege diskutiert, sondern auch demokratisch entschieden. Zum Beispiel nach der ersten Verhandlungsrunde: Die Versammlung bestimmte, dass die Unia und die Verhandlungsdelegation auch weiterhin 6 Prozent fordern sollen. Oder als die Geschäftsleitung schon nach der vierten Runde die Gespräche abbrechen wollte: Da entschied die Belegschaft, den Lohnkampf weiterzuführen. Und so wurde es am 27. März plötzlich laut vor der Toblerone-Fabrik.

Dass ihre Fabrik plötzlich im Rampenlicht stand, gefiel den Chefs gar nicht.

CHEFS SCHOCKIERT

Gegen 13 Uhr begannen die Gespräche zwischen Management und Belegschaft, oben, im dritten Stock des Gebäudes. Gleich zu Beginn erklärten die Konzernvertreter, Mondelez könne höchstens 1,5 Prozent zahlen. Viel weiter kamen sie nicht. Beim Werkseingang hatten sich rund 20 Arbeiterinnen und Arbeiter versammelt. Und die boten der Geschäftsleitung ein ohrenbetäubendes Trillerpfeifenkonzert. Ein Schock! ­Einen solchen Protest hatten sie ­in Brünnen seit Jahrzehnten nicht gesehen. Und: Die Toblerone-Chrampfer machten deutlich, dass sie auch zu mehr bereit sind.

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