1x1 der Wirtschaft

Tiefer Pro-Kopf-Konsum: Haushalte unter Druck

Daniel Lampart

Die Teuerung und die stark steigenden Krankenkassenprämien belasten die Haushalte mit unteren und mitt­leren Einkommen finanziell ­immer stärker. Eine vierköpfige Familie zahlt heute für die Krankenkassenprämie 1000 Franken und mehr, selbst wenn sie ein preisgünstiges HMO-Modell gewählt hat. Zusätzlich werden ab ­Oktober in der Schweiz die Mieten steigen, weil der Referenzzinssatz des Bundes erhöht wird.

PRÄMIENEXPLOSION. Bei den Löhnen ist die Situation unbefriedigend. Uns Gewerkschaften gelang es zwar, insgesamt Lohnerhöhungen von ­gegen 2,5 Prozent auszuhandeln. Doch die Arbeitgeber haben sich leider in vielen Betrieben geweigert, die Teuerung auszugleichen. Obwohl sie selber die Preise erhöht haben. Und die Kantone stehen bei den Prämienverbilligungen stark auf der Bremse, so dass viele Haushalte heute bis zu 15 Prozent ihres Lohnes für die Krankenkasse ausgeben müssen.

Auch die Rentnerinnen und Renter haben zunehmend finanzielle Pro­bleme. Die AHV wird zwar an die ­Teuerung angepasst. Aber bei den Pen­sionskassenrenten frisst die Teu­erung Kaufkraft weg. Und auch die Krankenkassenprämien der Seniorinnen und Senioren steigen. Unter dem Strich haben zahlreiche Haushalte real weniger Einkommen zur Ver­fügung als zuvor. Es ist deshalb nicht verwunderlich, dass die Konsumentenstimmung in der Schweiz ­einen Tiefststand erreicht hat.

BESORGNISERREGEND. Die Kaufkraftprobleme haben auch beim Konsum ihre Spuren hinterlassen. Wenn das Geld knapper ist, wird zwangsläufig weniger konsumiert. Der reale Pro-Kopf-Konsum in der Schweiz ist heute tiefer als vor der Coronakrise. Klammert man die Gesundheitsausgaben aus, ist er sogar tiefer als vor 10 Jahren. Auch in anderen Ländern wie den USA hat die Coronakrise zu einem ­vorübergehenden Einbruch geführt, weil viele Geschäfte und Restaurants geschlossen waren. Und weil es Kurzarbeit und Arbeitslosigkeit gab. Doch dort hat sich die Lage wieder korrigiert. Teilweise haben die Haushalte sogar gespartes Geld ausgegeben. In der Schweiz zeigen die Statistiken hingegen ein besorgniserregenderes Bild. Die Löhne müssen steigen, damit es der Bevölkerung finanziell wieder bessergeht. Und es braucht endlich mehr Prä­mienverbilligungen zur Senkung der Prämienlast.

Daniel Lampart ist Chefökonom des Schweizerischen Gewerkschaftsbunds (SGB).

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