Frontalieri-Protest wirkt:

Mehr Büezer-Züge nach Brig

Jonas Komposch

Jeden Tag pendeln über 1000 Grenzgängerinnen und Grenzgänger von Domodossola nach Brig. Ihre Züge sind meist überfüllt. Jetzt handelt die BLS. Auch dank der Unia – und einer spektakulären Aktion!

«DOMO»–BRIG, RETOUR: Auch Unia-Bau-Sekretär Eduart Braka fährt täglich diese Strecke – in Zukunft hoffentlich mit weniger Ausfällen und weniger «Gstung». (Foto: ZVG)

Grad tifig war die BLS nicht unterwegs. Seit 2017 kritisiert die Unia Oberwallis die unhaltbaren Zustände im Pendlerverkehr zwischen Domodossola (I) und Brig. Regelmässig sind die Züge überfüllt. Eine Zumutung für die Frontalieri aus Italien. Stehend und gedrängt wie Büchsensardinen müssen sie sich in die Schweiz verfrachten lassen. Eine halbe Stunde dauert die Fahrt. Jetzt endlich hat das Bahnunternehmen geliefert: Ab dem 1. Mai verkehren auf der Simplonstrecke Zusatzzüge. Konkret wird dem Morgenzug von 5.58 Uhr ab Domodossola sechs Minuten später ein zweiter Pendlerzug hinterherjagen. Und am Abend entlastet in Brig ein Zusatzzug um 17.34 Uhr den bestehenden Feierabendzug um 17.20 Uhr.

Eines Morgens ging gar nichts mehr. Frustriert blockierten Hunderte den Zugverkehr.

ABHÄNGIGE WIRTSCHAFT

«Für uns Grenzgängerinnen und Grenzgänger ist das eine enorme Entlastung», sagt dazu Eduart Braka. Der Unia-Bau-Sekretär wohnt selbst in «Domo». Zusammen mit über 1000 anderen Frontalieri pendelt er täglich ins Wallis. Früher war Braka als Zimmermann tätig und gehörte damit zur grössten Grenzgängergruppe, den Bauleuten. Aber auch die Walliser Gastro- und die Reinigungsbranche würden ohne Arbeitskräfte aus Italien kollabieren. Genauso wie die Industrie. Braka sagt: «Allein die Lonza in Visp hat 100 Frontalieri!»

Sind die beiden Zusatzzüge also überhaupt genug? Immerhin ist ab der nahenden Bausaison mit einem erhöhten Pedleraufkommen zu rechnen. «Wir werden die Situa­tion genau beobachten und notfalls erneut einschreiten», versichert Braka. Eine besondere Intervention war schon letzten September nötig.

GLEISE BLOCKIERT

An einem Freitag fiel der Morgenzug ab Domodossola komplett aus. Und der nächste Zug war viel zu kurz, um alle Reisenden aufzunehmen. Das war zu viel! Kurzerhand besetzten Hunderte Frontalieri die Gleise und blockierten aus Protest den gesamten Zugverkehr. Die BLS versprach Besserung. Und auch die Kantonsregierung machte vorwärts. Sie finanziert die neuen Zusatzzüge zusammen mit der Agenzia della Mobilità ­Piemontese.

Pikantes Detail: Schon vor einem Jahr hatte im Kantonsparlament ein überparteiliches dringliches Postulat mehr Zugverbindungen verlangt. Dies auch deshalb, weil die Frontalieri mitten in der Corona-Hochphase die Sicherheitsabstände unmöglich einhalten konnten. Die Parlamentsmehrheit stimmte zu. Keinen Handlungsbedarf sahen dagegen die SVP und die Unterwalliser Mitte-Fraktion.

 

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