Hürdenlauf:

Der lange Weg zum roten Pass

Darija Knežević

Shruti Gupta* (31) kennt das hiesige Politsystem wahrscheinlich besser als viele Schweizerinnen und Schweizer: Sie studierte Politikwissenschaften. «Ich war politisch immer sehr interessiert. Jetzt ist es für mich wirklich höchste Zeit, auch mitzubestimmen», sagt Gupta. Denn dafür fehlt der jungen Frau die Schweizer Staatsbürgerschaft.

MITBESTIMMUNG. Gupta war sieben, als sie mit ihren Eltern und ihren zwei Brüdern aus Indien in die Schweiz einwanderte. Ihr Vater hatte damals ein Jobangebot als Informatiker erhalten. Die fünfköpfige Familie liess sich in Olten SO nieder. In der Eisenbahnstadt will sich die 31jährige nun einbürgern lassen. Zurzeit sammelt sie alle nötigen Unterlagen zusammen. Denn: in ihrer aktuellen Lage wird sie von allen Seiten politisch fremdbestimmt. In der Schweiz fehlt ihr das Bürgerrecht. In Indien darf man nur politisch aktiv sein, wenn man auch vor Ort lebt.

«Für das Einbürgerungsgesuch musste ich viele Dokumente einreichen. Darunter auch meine indische Geburtsurkunde. Es ist ein regelrechter Hürdenlauf», sagt Gupta. Bislang hat sie etwa 200 Franken dafür bezahlt. Bis sie den Pass in den Fingern hält, muss sie bis zu 3000 Franken hinblättern «Wird mein Gesuch abgelehnt, bekomme ich das Geld nicht retour», weiss die Oltnerin.

Auch Anastasija Kirilenko* (26) rechnet mit dieser Summe. «Zurzeit spare ich für den Schweizer Pass statt für Ferien», sagt die Ukrainerin. Sie kam vor über 9 Jahren mit ihrer Familie in eine kleine Gemeinde im Kanton Aargau. Damals, 2014, brach in der Nähe ihrer Heimatstadt Saporischja der Krieg aus.

Die Einbürgerung dauert Jahre und kostet bis zu 3000 Franken.

REISEFREIHEIT. Kirilenko möchte sich für die politische Mitbestimmung, aber auch für die Reisefreiheiten einbürgern lassen. «Mit meinem ukrainischen Pass brauche ich für viele Länder ein Visum. Und an Grenzübergängen werde ich skeptisch gemustert.» Für den Einbürgerungsprozess bleibt sie im Aargau wohnen, obwohl sie in Zürich arbeitet und in Luzern studiert. Denn für den muss sie 10 Jahre in der Schweiz wohnhaft sein, 5 davon im Kanton Aargau und 2 Jahre in der gleichen Gemeinde. Weil sie bei ihrer Einreise noch minderjährig war, darf sie sich etwas früher einbürgern lassen.

Damit der Einbürgerungsprozess endlich einfacher wird, arbeitet die Organisation Aktion Vierviertel zurzeit an einer Volksinitiative. Sie wird diesen Frühling lanciert.

*Namen geändert

Schreibe einen Kommentar

Bitte fülle alle mit * gekennzeichneten Felder aus.