Jean Ziegler ‒ la suisse existe

Krieg in der Ukraine

Jean Ziegler

Jean Ziegler

Wie wird der fürchterliche russische Vernichtungskrieg gegen das ukrainische Volk enden? Niemand weiss die Antwort. Sicher ist bloss, dass jeder vernünftige Mensch das möglichst unmittelbare Ende dieses Massakers herbeiwünscht. Viele Zehntausende junge russische und ukrainische Soldaten, viele Hunderttausende ukrainische Frauen, Kinder und Männer sind ermordet, verletzt, gefoltert, in die Flucht vertrieben worden, seit Wladimir Putin am 24. Februar 2022 seine Horden gegen den souveränen Uno-Mitgliedstaat Ukraine losgeschickt hat.

Der Bundesrat muss die Oligarchengelder beschlagnahmen und enteignen.

TERROR. Dass Putin plötzlich zur Vernunft käme und sinnvollen Waffenstillstandsverhandlungen zustimmen würde, ist unwahrscheinlich. Im Zweiten Tschetschenienkrieg 1999–2009 hat er fast die Hälfte der tschetschenischen Bevölkerung töten lassen und die Hauptstadt Grosny dem Erdboden gleichgemacht. Das syrische Volk erhob sich 2011 gegen den blutrünstigen Tyrannen Baschar al-Asad. Die Bombardements der russischen Luftwaffe auf Spitäler, Schulen, Wohnquartiere sicherten Asad das vorläufige Überleben.

Der Herrscher im Kreml kennt nur den Frieden der Friedhöfe. Wo ist die Hoffnung? In der eindrücklichen Widerstandskraft und dem fast unglaublichen Mut der Ukrainerinnen und Ukrainer. Nur wenn auf dem Schlachtfeld die ukrainische Armee schliesslich den Eindringling besiegt, kann die demokratisch gewählte Regierung von Kiew Waffenstillstands- und dann Friedensverhandlungen eröffnen. Wann und zu welchen konkreten Bedingungen das geschieht, kann nur das ukrainische Volk entscheiden.

HILFE. Was heisst das für die Schweiz? Wie alle anderen westlichen Demokratien müssen wir der Ukraine möglichst effizient Hilfe leisten. 80 Prozent des russischen Erdöls wurden 2021 über den Finanzplatz Schweiz – insbesondere über Genf und Zug – gehandelt. Der Bundesrat muss diesen Handel stoppen, die Oligarchen­gelder beschlagnahmen und (nach einer Gesetzesreform) enteignen. Schweizer Unternehmen müssen Russland verlassen. Die EU-Sanktionen müssen sofort und ausnahmslos vom Bundesrat umgesetzt werden.

Was ist mit der Neutralität? Die Schweiz ist seit dem vergangenen 1. Januar Mitglied des Uno-Sicherheitsrats. Am 8. Februar hielt die Uno-Exekutive bereits die dritte Sondersession betreffend russische Aggression.

GREUEL. Die kluge, hochkompetente Basler So­­zial­demokratin Pascale Baeriswyl vertritt unser Land bei der Uno in New York. Laut Protokoll stimmte sie für die Resolution, die die russischen Kriegsgreuel verurteilte.

Wörtlich sagte die Schweizer Botschafterin Baeriswyl: «Die Neutralität der Schweiz steht ausser Zweifel. Es besteht keine Neutralität bei Verletzung des Völkerrechts oder der Uno-Charta.» Botschafterinnen und Botschafter haben ein Imperativmandat. Sie reden und stimmen nicht nach eigenem Willen, sondern nur nach Vorgabe ihrer Regierung.

Schlussfolgerung: Seit dem 9. Februar ist die Neutralitätsfrage entschieden: Bei Menschenrechtsverletzungen und Aggressionskriegen gibt es keine Neutralität.

Jean Ziegler ist Soziologe, Vizepräsident des beratenden Aus­schusses des Uno-Menschenrechtsrats und Autor. Sein 2020 im ­Verlag Bertelsmann (München) erschienenes Buch Die Schande Europas. Von Flüchtlingen und Menschenrechten kam letzten Frühling als Taschenbuch mit einem neuen, stark erweiterten Vor­­­wort heraus.

6 Kommentare

  1. Markus Heizmann

    «Das syrische Volk erhob sich 2011 gegen den blutrünstigen Tyrannen Baschar al-Asad. Die Bombardements der russischen Luftwaffe auf Spitäler, Schulen, Wohnquartiere sicherten Asad das vorläufige Überleben.»
    Allein damit disqualifiziert sich Ziegler einmal mehr indem er das transatlantische Credo nachbetet: Alles was nicht direkt aus den Think Tanks von Washington und Brüssel stammt, kann bedenkenlos und faktenfrei verunglimpft und diskreditiert werden. Eine historisch korrekte Herangehensweise an den vom Westen losgetretenen Syrien Konflikt ersparte sich Ziegler anlässlich seiner zahllosen Beschimpfungen gegen Präsident Assad. So verhält er sich nun auch gegenüber Präsident Putin, bzw. gegenüber dem Krieg in der Ukraine: Schlagworte statt Analyse, getreues Nachplappern des US / NATO Narratives statt Fakten.
    Jean Ziegler: Deine Kolumne ist eine Zumutung!

    • Beat Hubschmid

      Bei Ziegler waren Fakten schon immer Glücksache.

  2. Kaspar Truempy

    Weltweit haben von den 193 genau 35 Länder Sanktionen gegen Russland verhängt. Im grossen Rest ausserhalb der “Goldenen-Milliarde“ (Putin) ist man nicht in der West-Medienblase verhangen und durchaus auf dem Laufenden, dass vor 2022 einiges gelaufen ist, das der Ukraine und dem Westen nicht zur Ehre gereicht: Acht Jahre andauernde Terrorisierung und Bombardierung der russischsprachigen Bevölkerung des Donbass, welche die Resultate des Nazi-Putsches in Kiew per Volksabstimmung nicht anerkannte. Die 2015 beschlossenen, völkerrechtlich verbindlichen Minsker-Friedensverträge wurden vom Westen bewusst sabotiert, was Merkel und Hollande kürzlich freimütig eingestanden haben. 2022 griff Putin zum Schutz der Bevölkerung des Donbass militärisch ein, was bei den zahlreichen Putin-Verstehern des Globalen-Südens offenbar auf nicht wenig Verständnis stiess. Ob Nazi-Versteher wie Jean Ziegler eines Tages verstehen werden, dass sie imperialistische Positionen vertreten, muss bezweifelt werden. Realistischerweise muss auch bezweifelt werden, dass die Schweizer Extrawurst, keine Waffen an die Ukraine zu liefern, vom Imperium noch lange toleriert werden wird. Diesbezüglich ist ja unser aktueller Bundespräsident Alain Berset sehr positiv in Erscheinung getreten.

    • Beat Hubschmid

      Oh ja, Alain, haste mal Recht, diese Kriegs-/Waffenbegeisterung gerade bei den Linken…

  3. Peter Bitterli

    „Die kluge, hochkompetente Basler So­­zial­demokratin Pascale Baeriswyl…“ Ich habe es so vermisst, dass Zieglers Ghostwriter wieder einmal eine „kluge“ Person auftreten lässt. Das sind sie ja alle, die so denken wie sein Chef.

    Weniger Freude macht die vollkommen haltlose Behauptung, dass „Putin im Zweiten Tschetschenienkrieg fast die Hälfte der tschetschenischen Bevölkerung hat töten lassen“. Als wäre das gute Dreissigstel nicht schrecklich genug.

    • Beat Hubschmid

      Zahlen waren bei Ziegler schon immer Zufall.

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