Künzi streikt!

Gegen den Läckmer

Sandra Künzi

Foto: Yves Thom

Es war so: Immer wenn ich wieder zum Bügu wollte, kam irgendein Problem, und ich musste wieder streiken. Also eigentli habe ich gar nie aufgehört seit Juni 2019. Dabei hätte ich echt auch Besseres zu tun. Schaffen zum Beispiel. Ich schaffe nämli gern und gut. Ich bin eine sehr gute Fachkraft, die der Markt jetzt grad so was von gebrauchen könnte. Aber nei.

Erst hiess es, Firmen mit über 100 Angestellten müssten ihre Löhne prüfen und «Lohnungleichheit freiwillig beseitigen». Und wenn das eine Firma nicht macht, dann … passiert gar nüt. Super oder? Also hab ich weiter gestreikt.

Dann de huere Corona, und päng waren die Frauen plötzlich wieder dehei mit den Kindern. «Homeoffice»-Frauen: ­putze, koche, Kinder beschäftigen, wickeln, einkaufen und manchmal noch teams, zooms, tels. Homeoffice-Männer: zooms, teams, gamen, excel, WC und manchmal chli Lego mit dem Kind.

Dann entschied der Ständerat, dass frische Schnittblumen und Viagra «lebenswichtige Alltagsgüter» sind (2,5 Prozent Mehrwertsteuer). Bravo, Ständerat, du kennst dich natürlich aus mit Viagra … äh, mit Schnittblumen! Aber Tampons und Damenbinden seien ­«Luxusgüter» (7,7 Prozent Mehrwertsteuer). Allerdings hat er’s doch noch gerafft und ­grad jetzt die Tamponsteuer gesenkt. Aber der Lohn der Frauen ist, über ihr gesamtes Berufsleben gerechnet, noch immer fette 43 Pro­zent tiefer als der von Männern. Ja, ja, ich weiss, «erklärbar» und «unerklärbar» und so, aber läckmer, es ist doch einfach ein Skandal. Und öppe 15 000 Pflegestellen sind unbesetzt. Yeah, Babyboomers, nehmt schon mal eure Selbstheilungskräfte vüre.

VIAGRA-RAT. Immerhin gibt’s seit Herbst 2019 viel mehr Frauen im Nationalrat als vorher, nämlich 42 Prozent (davor 32 Prozent). Sogar der Viagra-Rat schafft’s mit viel Ächzen auch auf immerhin 25 Prozent (davor 16 Prozent). Aber was nützt’s? 2022 wurde die AHV-Scheinreform gegen den Willen von 70 Prozent der Stimmbürgerinnen trotzdem angenommen. Und die Allianz der bürgerlichen Frauen hat dabei wacker mitgeholfen. Merci, Schwestern! Nei ehrlich, das hat mir den Nuggi rausgehauen. Als wäre die AHV das Problem. Ich würde meine Lohnprozente ömel tuusigmal lieber in die AHV zahlen, als über die Pensionskassen die Banken und Versicherungen zu füttern.

Voilà. Der ganze Schlamassel hat sich seit 2019 nicht wirklich verbessert. Und jetzt hat Schagge gesagt, dass es am 14. Juni wieder abgeht, aber richtig, und ob ich mit ihr Schilder male? Klar, hab ich gesagt, ich bin ja eh im Dauerstreik.

Sandra Künzi lebt und büglet in Bern. Sie mag Jassen, Schafe, Feuer und Bier. Zurzeit bereitet sie sich und uns auf den Frauenstreik vom 14. Juni 2023 vor: Ahoi!

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