Daru-Wache-Kadermann Daniel Suter (44) packt aus:

CEO lässt Security-Leute dursten

Christian Egg

Nachdem work über den Lohnbschiss bei der Daru-Wache berichtet hat, deckt ein Insider weitere Missstände auf. Es geht um Putzmaterial, Sicherheitsschuhe – und einen Wasserspender ohne Wasser.

TEAMLEITER MIT GEWISSEN: Damit seine Leute zu trinken haben, zahlt Daniel Suter den Nachschub für den Wasserspender aus dem eigenen Sack. (Foto: Matthias Luggen)

Bis zu zwölfeinhalb Stunden am Stück sind die Security-Leute der Daru-Wache im Einsatz. Sie kontrollieren den Zutritt zu zwei Grossbaustellen in der Region Solothurn. Das Problem: Auf diesen gibt es kein fliessendes Wasser. Während die Baufirmen ihren Mitarbeitenden gratis Wasserflaschen abgeben, gibt’s von der Daru-Wache: nix.

Es herrscht die totale Batzenklemmerei.

Leiter der 19köpfigen Daru-Equipe ist Daniel Suter (44). Er überzeugt seinen Chef, einen Wasserspender anzuschaffen. Doch kaum ist das Gerät in Betrieb, kommt der Haken: Die Kosten für den Nachschub an Wasserflaschen trägt die Daru nicht. So entschieden von Daru-CEO Armin Häfliger. In einem Mail schreibt Häfliger: «Ich gehe davon aus, dass dies durch den Besteller bezahlt wird.» Da habe er die Welt nicht mehr verstanden, sagt Daniel Suter zu work. «Die Botschaft war: Jetzt haben wir für euch einen Wasserspender gekauft – und ihr wollt auch noch Wasser?»

Was bisher (nicht) geschah: Kanton Bern klärt ab und ab und …

Dezember 2022. Im work lassen mutige Mitarbeitende der Daru-Tochter GSD die illegale Lohnpraxis auffliegen. Die Kantonspolizei, in deren Auftrag die GSD Parkbussen verteilt, teilt mit: Sie werde die Vorwürfe abklären. Denn als Staatsorgan darf sie niemanden beauftragen, der illegal handelt (siehe unten).

März 2023.
Daru und GSD halten an ihrer illegalen Praxis fest. Und die Kantonspolizei? Auf Anfrage schreibt sie: «Die Abklärungen sind noch immer im Gange.» Auch die Fachhochschule Nordwestschweiz, von Bund und Kantonen subventioniert, hat die Daru beauftragt. Zu den Vorwürfen schreibt sie: «Medienberichte kommentiert die FHNW nicht.» Man werde «bei einem nächsten Austausch mit der Daru-Wache um Klärung bitten». Wann der stattfindet, kann die FHNW aber nicht sagen. (che)

WAS DER CHEF SAGT, IST GESETZ

Doch Argumente sind zwecklos. Häfliger dulde keinen ­Widerspruch, weiss Suter: «Was er sagt, ist Gesetz.» Jetzt zahlen er und seine Stellvertreterin das Wasser aus dem eigenen Sack. Der allerdings Ende Monat auch leer ist. Denn die Daru, eine der grössten Sicherheitsfirmen in der Schweiz, zahlt ihren über 300 Mitarbeitenden Ende Monat nicht den vollen Lohn aus. Daniel Suter erhält statt netto 4200 Franken nur 3800, den Rest gibt’s erst am 15. des nächsten Monats. Eine illegale Praxis (work berichtete: rebrand.ly/daru), die jetzt auch Rechtsprofessor Thomas Geiser (s. unten) als «klar rechtswidrig» kritisiert.

Suter sagt, gleich drei Personen hätten ihn auf den work-­Artikel über den Daru-Lohn-bschiss aufmerksam gemacht. Darauf wandte er sich an die Redaktion, um von der «totalen Batzenklemmerei» zu berichten, die bei der Daru herrsche. Jede noch so kleine Ausgabe müsse von CEO Häfliger persönlich bewilligt werden. Ob Locher und Schere für den Security-Bürocontainer oder Nachschub an Putzmaterial: alles werde grundsätzlich in Frage gestellt und oft mit einer schnoddrigen Bemerkung zurückgewiesen. Einmal schrieb Häfliger als Reaktion auf eine Rechnung von Suter: «Die Mitarbeiter müssen sich keine Wohnungseinrichtung auf Kosten der Daru installieren.»

DIE SUVA KRITISIERT

Rechtswidrig agiert die Daru auch bei den Sicherheitsschuhen. Auf Baustellen sind diese obligatorisch. Doch kaufen müssen sie sich die Security-Mannen und -Frauen selber. Als Entschädigung gibt’s gerade mal 5 Rappen pro Arbeitsstunde. Das sei «lächerlich», sagt Suter. Ein gutes Paar Schuhe der Sicherheitskategorie S 3 koste mindestens 140 Franken. Die Arbeitsverträge der allermeisten Mitarbeitenden sähen im besten Fall 1440 Arbeitsstunden pro Jahr vor, etwa eine 70-Prozent-Anstellung. Suter rechnet vor: «Dann muss jemand zwei Jahre arbeiten, bis die Kosten gedeckt sind.»

Diese Praxis ist illegal. Sie verletzt die Verordnung über die Unfallverhütung, wie Suva-Sprecher Adrian Vonlanthen gegenüber work sagt: «Dort ist festgelegt, dass für die persönliche Schutzausrüstung der Arbeitgeber aufkommen muss.» Die Kosten nur in Rappenbeträgen zurückzuerstatten, wie dies die Daru macht, gehe nicht an: «Eine solche Regelung ist nicht rechtens.»

Die Daru sagt dazu – nichts. Auf die Fragen von work hat sie nicht reagiert.


Rechtsprofessor Thomas Geiser zum Lohnbschiss bei der Daru-Wache:
«Das ist klar rechtswidrig»

Für Einzelne sei es schwierig, rechtlich gegen die illegale Praxis der Daru vorzugehen, sagt Thomas Geiser, emeritierter Rechtsprofessor und einer der besten Kenner des Arbeitsrechts. Doch es gebe Instanzen, die tätig werden könnten, ja müssten.

RECHTSPROFESSOR Thomas Geiser. (Foto: Keystone)

work: Herr Geiser, darf eine Firma einen Teil des Lohnes erst im folgenden Monat auszahlen?

Thomas Geiser: Nein, das ist klar rechtswidrig. Es gibt nur eine Ausnahme: Wenn jemand sehr unregelmässige Einsätze hat, wäre eine solche Praxis akzeptabel.

Security-Leute arbeiten un­regelmässig – aber am 25. des Monats sollte die Firma ja wissen, wie die Mitarbeitenden bis Ende Monat arbeiten …

Richtig. Sie muss die Arbeitspläne sogar zwei Wochen im voraus bekanntgeben. Damit steht auch die Zahl der Arbeitsstunden schon fest und damit auch der Lohn für Beschäftigte im Stundenlohn. Sollte es kurzfristige Änderungen im Dienstplan geben, kann die Firma das im nächsten Monat verrechnen – wie dies jede normale Firma auch tut.

Wie können sich die Mitarbeitenden wehren?

Im Prinzip können sie den Arbeitgeber betreiben und so den fehlenden Betrag einfordern. Aber bis der Betreibungsbeamte den Zahlungsbefehl überbringt, hat die Firma vermutlich schon den Rest des Lohnes überwiesen. Theo­retisch kann man auch einen Verzugszins verlangen für die verspätete Zahlung – aber das ist ähnlich hoffnungslos.

«Spätestens jetzt müssen die Kantone und Gemeinden aktiv werden.»

Also kann die Daru das Recht mit Füssen treten, und ­niemand kann sie stoppen?

Doch! In der Sicherheitsbranche gibt es ja eine paritätische Kommission. Sie kontrolliert, ob die Firmen den Gesamtarbeitsvertrag (GAV) einhalten. Der Zeitpunkt der Lohnzahlung ist zwar nicht extra im GAV festgeschrieben, aber das ändert nichts an der Zuständigkeit der Kommission. Er steht deshalb nicht im GAV, weil die Frage bereits im Obligationenrecht geregelt ist – der GAV soll ja über das Recht hinausgehen. Das heisst: Der GAV setzt voraus, dass die Gesetze eingehalten werden. Wenn das nicht der Fall ist, wird letztlich auch der GAV verletzt, und die paritätische Kommission kann tätig werden. Das gilt hier umso mehr, weil es um den Lohn geht. Und der ist in der Sicherheitsbranche Gegenstand des GAV.

Und welche Verantwortung haben Gemeinden, Kantone und Organisationen, welche die Daru engagieren?

Die öffentliche Hand darf nicht jemanden beauftragen, der gesetzeswidrig handelt. Das ist im öffentlichen Auftragsrecht so festgehalten. Spätestens wenn wie jetzt Gesetzesverstösse bekannt werden, müssen Kantone und Gemeinden aktiv werden. Etwa, indem sie von der Firma verlangen, ihre Praxis so anzupassen, dass sie rechtskonform ist. Für Organisationen, die Subventionen erhalten, gilt letztlich dasselbe: Hier muss die Behörde, welche die Subventionen vergibt, intervenieren und dafür sorgen, dass die Organisation nur Firmen beauftragt, die das Gesetz einhalten. (che)

2 Kommentare

  1. S.M.

    Übrigens bezahlt Daru Wache für die S3 Sicherheitsschuhe nur 2 Rp. pro Stunde.
    5Rp. waren es letztes Jahr.
    Siehe Daru News vom 2023
    Auch ich habe die Schuhe selber bezahlen müssen.
    LG

Schreibe einen Kommentar

Bitte fülle alle mit * gekennzeichneten Felder aus.