Die zerstörten Orte in der Türkei und Syrien brauchen dringend Hilfe. Die Unia fordert Visaerleichterungen für Familienangehörige aus den Katastrophengebieten.
VERZWEIFLUNG: Nach dem Erdbeben in der Türkei und Nordsyrien. (Foto: Keystone)
Über 40’000 Tote, doppelt so viele Verletzte und etliche zerstörte Städte – so lautet die vorläufige Bilanz der Erdbeben vom 6. Februar. Seismologen sprechen von der stärksten Erschütterung in der Region seit rund 900 Jahren. Davon betroffen sind 23 Millionen Menschen, schätzt die WHO. Von einem «Plan des Schicksals» sprach der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan. Jede Verantwortung weist er von sich. Obwohl es ein offenes Geheimnis ist, dass die Behörden für Geld auch Pfuschbauten im Erdbebengebiet bewilligten.
Immerhin: Menschen aus aller Welt helfen. Auch die Unia ruft zu Geldspenden auf. Sie empfiehlt, die Nothilfekampagne von Solidar Suisse zu unterstützen (solidar.ch). Das gewerkschaftliche Hilfswerk organisiert vor Ort Nahrungsmittel, medizinische Versorgung, Wasser und warme Kleidung. Besonders im Fokus stehen für Solidar marginalisierte Gemeinschaften, Randgruppen und ethnische Minderheiten in abgelegenen Gebieten. Und das mit Grund.
UNIA SCHREIBT BUNDESRAT
Erdoğan hat nämlich nicht den Katastrophenzustand ausgerufen, sondern direkt den Ausnahmezustand. Damit kann die Regierung Ausgangssperren verhängen und Versammlungen verbieten. Der türkische Gewerkschaftsverband KESK warnt: «Wir sind sehr besorgt, denn wir haben nicht vergessen, wie die Regierung den Ausnahmezustand nach dem Putschversuch von 2016 für ihre politischen Ziele missbrauchte.» Zudem begünstige der Ausnahmezustand die «monopolistische» Versorgung regierungstreuer Klientel. Das bestätigt das Hilfswerk Kurdischer Roter Halbmond, das vor allem in Nordsyrien Hilfe leistet: «Der Ausnahmezustand soll primär die Kurdinnen und Kurden daran hindern, die Hilfe zu koordinieren.» Besonders brutal: Schon kurz nach dem Beben liess Erdoğan die syrischen Kurdengebiete bombardieren, wie schon zigmal in den letzten Monaten.
Aber auch die syrische Regierung nutzt die Not für ihre Zwecke. Vor Aleppo blockierte sie einen Konvoi des Kurdischen Roten Halbmonds und verlangte die Herausgabe der Hilfsgüter. Umso wichtiger ist die Hilfe von Verwandten im Ausland. Viele wollen ihre Angehörigen aufnehmen, scheitern aber an Einreisehürden. Nun fordert Unia-Präsidentin Vania Alleva von Justizministerin Elisabeth Baume-Schneider vorübergehende Visaerleichterungen für Familienangehörige aus den Katastrophengebieten. Auch Ausschaffungen dahin müssten gestoppt werden. Alleva: «Das ist in dieser Situation schlicht ein Gebot der Menschlichkeit.»
Jetzt spenden!
Das gewerkschaftsnahe Hilfswerk Solidar Suisse ist vor Ort: solidar.ch.