Streik im Kanton Waadt

Regierung geizt bei den Löhnen

Sylviane Herranz*

Lehrerinnen, Pfleger, Polizistinnen und Gefängniswärter: Staatsangestellte aus den unterschiedlichsten Berufen haben im Kanton Waadt für den Teuerungsausgleich gestreikt.

ES BRODELT: Tausende gingen am 31. Januar in Lausanne auf die Strasse. (Foto: Keystone)

Die Arroganz, Respektlosigkeit und Verachtung seitens ihres Arbeitgebers – des Kantons – machen die Waadtländer Beamtinnen und Beamten hässig. Der Konflikt zwischen der Waadtländer Regierung und dem Staatspersonal hatte sich schon seit Wochen hochgeschaukelt. Jetzt haben Zehntausende Lehrerinnen und Lehrer am 31. Januar im ganzen Kanton Waadt ihre Arbeit niedergelegt. Für Tausende Schülerinnen und Schüler der Primar- und Oberstufen sowie Gymnasien fiel der Unterricht aus. Erstmals seit der Coronapandemie streikten auch Mitarbeitende des Universitätsspitals, CHUV. Auch Polizistinnen und Gefängniswärter schlossen sich dem Protest an.

Der Grund für ihre Wut: Ihre Löh­­ne wurden um lediglich 1,4 Prozent an die Teuerung angepasst. Einer der niedrigsten Sätze aller öffentlichen Einrichtungen des Landes. Die Streikenden fordern eine Anpassung der Löhne, die dem Anstieg des Landesindexes der Konsumentenpreise zwischen Oktober 2021 und Oktober 2022 entspricht, also 3 Prozent. Aber es geht längst nicht nur ums Geld. Es geht auch um permanenten Druck, ausgedünnte Teams und mangelnde Wertschätzung.

Statt des vollen Teuerungsausgleichs zahlt der Kanton nur 1,4 Prozent mehr Lohn.

DOPPELT SO VIELE STREIKENDE

Bereits am 23. Januar hatten über tausend Lehrerinnen und Lehrer von rund dreissig Schulen und Gymnasien die ­Arbeit niedergelegt, auch Lernende beteiligten sich an den Protesten. Zum Streik aufgerufen hatten die Gewerkschaft VPOD und die Gewerkschaftsbün­­de der Staatsangestellten. Laut ihnen hat sich die Zahl der Streikenden vom ersten zum zweiten Streiktag verdoppelt.

Nebst der vollständigen Anpassung der Löhne an die Teuerung wollen die Streikenden Verhandlungen mit der ­Regierung über deren «autoritäre Entscheidungen». Nach dem ersten Streiktag hatte Regierungspräsidentin Chris­telle Luisier (FDP) mitgeteilt, dass es nicht in Frage komme, die Beschlüsse rückgängig zu machen, und dass die ­Regierung die Lohnverhandlungen auf nächsten November verschoben habe. Man habe ausserdem bereits 182 Millionen Franken für Lohnerhöhungen bereitgestellt, mehr Geld gebe es nicht. Sie sei aber bereit, über andere Themen zu diskutieren: die Bekämpfung von Mobbing und Belästigung am Arbeitsplatz, Lohngleichheit, Nachtarbeit und Schutz von Whistleblowern.

Doch die Streikbewegung macht die Regierung, in der seit dem Sommer 2022 die FDP und Die Mitte die Mehrheit bilden, zunehmend nervös. Und ­­die Gewerkschaften rufen für den 9. Fe­bruar erneut zu Streiks, Aktionen und Demonstrationen auf.

* Dieser Artikel erschien zuerst in der französischen Unia-Zeitung «L’Événement syndical».

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