Durch den Tag mit Kita-Mitarbeiterin Nadja Chahdi (22)

Jung, alleinerziehend, berufstätig

Darija Knežević

Nadja Chahdi ist alleinerziehende Mutter und arbeitet in einer Kita. Nach Feierabend ist ihr Arbeitstag aber noch lange nicht vorbei.

KURZE VERSCHNAUFPAUSE: Nadja Chahdi teilt ihren Alltag auf Social Media. Ihr Ziel: Zeigen, wie schwierig es immer noch ist, Kind und Job unter einen Hut zu bringen. (Foto: Peter Lauth)

«Die Tage von uns Mamis sind oft chaotisch, und diese Realität will ich zeigen», sagt Nadja Chahdi (22). Sie ist alleinerziehende Mutter einer zweijäh­rigen Tochter und teilt ihren Alltag auf Social Media. Um die Betreuung ihrer Tochter kümmert sie sich allein. Zusätzlich arbeitet sie im Stundenlohn in einer Kita. Bezahlte und unbezahlte Care-Arbeit liegen bei der jungen Mutter daher sehr nahe beieinander. work hat sie durch einen Tag begleitet.

05.30

Der Wecker klingelt. Bis ihr bezahlter Arbeitstag beginnt, leistet Nadja Chahdi schon eine ganze Menge: Sie muss nicht nur sich selber für den Tag vorbereiten, sondern auch ihre Tochter. Sie hilft der Zweijährigen vom «Pischi» in die Kleidung, bereitet das «Zmorge» vor, putzt dem Kind die Zähne, und wenn die Zeit reicht, gibt es noch eine schöne Frisur. Dass Chahdi jung Mutter wurde, hat sie sich so gewünscht: «Ich hatte schon immer ein grosses Herz für Kinder», sagt sie. Deshalb auch die Berufswahl Erzieherin.

07.30

Gegen 7.30 Uhr ist für Nadja Arbeitsbeginn. Die Kita, in der sie arbeitet, ist etwa eine halbe Stunde Zugfahrt von ihrem Zuhause entfernt. Ein Vorteil für die junge Mutter: Ihre Tochter darf sie mit zur Arbeit nehmen. Aber nicht gratis: Für ihre Betreuung muss sie, zwar mit Mitarbeiterinnenrabatt, bezahlen. Chahdi arbeitet als Miterzieherin im Stundenlohn. Pro Stunde verdient sie 20 Franken – brutto. Der Grund: Ihr fehlt die abgeschlossene Lehre, um als Erzieherin zu arbeiten. Nach der obligatorischen Schulzeit wurde sie bei einer Kita drei Jahre lang als Praktikantin warmgehalten. Als sie dann ihre Lehre in einem neuen Betrieb startete, wurde sie kurze Zeit später schwanger. Die junge Mutter sagt: «Ich wünsche mir eine Festanstellung, damit sich unsere finanzielle Lage verbessert. Heute leben wir mit dem absoluten Minimum.» Sobald ihre Tochter selbständiger ist, möchte Chahdi ihre Ausbildung abschliessen. Sie träumt davon, irgendwann Kindergärtnerin oder Lehrerin zu werden.

14.00

Im besten Fall ist in der Kita um 14 Uhr Feierabend für Chahdi. Doch weil sie auf Abruf arbeitet, kommt es oft vor, dass sie länger bleibt. Sobald sie Feierabend hat, steht noch ein Berg unbezahlter Arbeit an. Auf dem Nachhauseweg kauft sie ein, je nach Wetter spielt sie mit ihrer Tochter draus­sen oder drinnen, und daheim folgt dann der ganze Haushalt. Chahdi zählt auf: «Wäsche waschen, Spielzeug wegräumen, die Wohnung putzen und das Abendessen kochen.» Ungestört kann sie ihre Aufgaben nicht erledigen, denn ihre Tochter beansprucht die volle Aufmerksamkeit. «Es ist sehr streng, meine Tochter hat aber immer Vorrang», sagt Chahdi.

20.00

Erst wenn das Mädchen gegen 20 Uhr schläft und der Haushalt erledigt ist, hat die 22jährige Zeit für sich. Etwa für Hobbies wie Social Media: «Auf Tiktok zeige ich in kurzen, unge­schmink­­ten Videos meinen Mama-Alltag.» Die Einblicke in ihr Leben stossen auf viel Interesse: Auf Tiktok folgen Nadja Chahdi bereits über 15 000 Menschen.

Für mehr Hobbies bleibt keine Zeit, auch Ferien liegen nicht drin: «Letztes Jahr ging es für ein verlängertes Wochenende nach Köln. Dafür musste ich aber lange sparen.» Gespart wird dort, wo es geht. Aber für Chahdi ist klar: «Meiner Tochter soll es an nichts fehlen!» Dazu gehören auch Kinderträume: Die Zweijährige ist grosser Fan der Eisprinzessin Elsa. Ihr grösster Stolz: ein Prinzessinnenkleid mit viel Tüll und Glitzer.

Frauenstreikzahl: 263 Milliarden Franken

pro Jahr ist die unbezahlte Arbeit von Frauen in der Schweiz wert. Ein grosser Teil davon ist Care-Arbeit. Darunter fallen die Kinder- und Erwachsenen­betreuung sowie der Haushalt

2 Kommentare

  1. Werner Frei

    Das Schicksal von Nadia berührt. Wo ist aber der Vater?

  2. Gruber Gustav

    Hallo Nadja du bist eine Super Mutter und eine starke Frau du machst es richtig so Gustav

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