1x1 der Wirtschaft

Schweizer Detailhandel: Hohe Preise, tiefe Löhne

David Gallusser

Den Schweizer Lebensmittel-Detailhändlern geht es gut. Während der Corona-Pandemie erlebte die Branche einen Höhenflug. Viele Leute leisteten sich beim Einkaufen mehr, weil sie nicht mehr auswärts essen oder ins Ausland in die Ferien konnten. Als die Corona-Einschränkungen im vergangenen Winter aufgehoben wurden, gingen die Umsätze der Branche zwar zurück. Die Haushalte scheinen sich aber an ihren hohen Konsum gewöhnt zu haben. Bei den Lebensmitteln erzielen die Detailhändler jedenfalls noch immer über 10 Prozent mehr Umsatz als vor der Pandemie.

PREISMACHT. Dass das Geschäft gut läuft, liegt aber nicht nur am Konsumverhalten. Sondern auch an der Macht der Detailhändler, die Preise bei den Zulieferern tief und bei der Kundschaft hoch zu halten. Diese Preismacht hilft ihnen nun auch in der aktuellen Teuerungssituation. Ein ­Migros-Sprecher sagte zwar jüngst ­gegenüber der «Sonntagszeitung», dass man nicht alle Preissteigerungen im Einkauf weitergeben und auf Marge verzichten würde. In den Branchen­daten ist davon allerdings nichts zu sehen. Vielmehr steigen die Preise, die wir im Detailhandel für Lebens­mittel bezahlen müssen, weitgehend parallel zu den Preisen, die die Produzenten für die Lebensmittel verlangen. Daran ändert auch nichts, dass die Detailhändler bei einzelnen Waren wie etwa Rotwein oder Zitrusfrüchten trotz höheren Einkaufspreisen nicht auf­geschlagen haben. Denn: Gleichzeitig sind die Preise von anderen Produkten wie Schweinefleisch, Käse oder Fisch im Detailhandel stärker gestiegen als bei den Produzenten.

KNAUSRIGE CHEFS. Die Hauptleidtragenden davon sind aber nicht die Konsumentinnen und Konsumenten. Es sind vielmehr die Beschäftigten. Sie leisten immer mehr, wie die Zahlen zeigen: So ist die Produktivität im Detailhandel seit 2020 um schätzungsweise 6 Prozent gestiegen. Trotzdem knausern die Chefs bei den Löhnen. Selbst einen ordentlichen Teuerungsausgleich haben die grossen Detaillisten ihren Mitarbeitenden verwehrt. So stehen diese heute mit Löhnen da, die noch tiefer sind als bisher. Und dies trotz dem Höhenflug des Detailhandels.

David Gallusser ist Ökonom beim Schweizerischen Gewerkschaftsbund (SGB).

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