Geldnot bei Kafirahmdeckeli-Hersteller Nyco in Kirchberg BE

Droht dem Deckeli-Druck das Aus?

Darija Knežević

Die Verpackungsfirma Nyco aus dem Emmental kann ihre Rechnungen nicht mehr bezahlen. Die 160 Mitarbeitenden bangen um ihre Jobs, bleiben aber optimistisch.

VIELE BUNTE DECKELI: Doch wie lange können die Nyco-Mitarbeiterinnen und -Mitarbeiter sie noch herstellen? (Foto: Keystone)

Das Traditionsunternehmen Nyco in Kirchberg BE produziert Verpackungen für Lebensmittel, konkret werden Folien bedruckt und beschichtet. Ihr bekanntestes Produkt sind Kaffeerahmdeckel. Doch bei der aktuellen Situation im Betrieb vergeht alle Lust auf einen Kafi crème. Das neue Jahr bringt den rund 160 Mitarbeitenden schlechte Nachrichten: Der Betrieb befindet sich in ­einer finanzieller Schieflage. Das Geld reicht nicht mehr aus, um alle offenen Rechnungen zu bezahlen. Besonders für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bleibt vieles ungewiss. Doch ganz unerwartet kam die Misere nicht.

Bereits seit mehreren Monaten machen im Betrieb Gerüchte von Geld­engpässen die Runde. Einige der Mitarbeitenden meldeten sich mit ihren Vermutungen bei der Unia. Der zuständige Gewerkschaftssekretär Ivan Kolak nahm daraufhin mit der Chefetage von Nyco Kontakt auf. Er hatte von Anfang an ein schlechtes Bauchgefühl. Unia-Mann Kolak sagt: «Zwischen den Zeilen konnte man schon erahnen, dass etwas im Betrieb los ist.»

Corona und ein Dacheinsturz erschwerten die Produktion.

RECHNUNGEN AUF EIS GELEGT

Gegen Ende des Jahres überschlugen sich die Ereignisse: Bereits am 30. Dezember 2022 gewährte das Re­gionalgericht Burgdorf eine sogenannte provisorische Nachlassstundung. Heisst: Sämtliche offenen Rechnungen der Firma wurden bis im April 2023 auf Eis gelegt. Der Betrieb läuft wie gewohnt weiter, auch sämtliche Löhne werden weiterhin pünktlich ausbezahlt. Am 3. Januar wurden die Mitarbeitenden über die Nachlassstundung informiert, seither ist die Stimmung in der Firma getrübt. «Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter befinden sich in einer Schockstarre, es herrscht aber weiterhin Optimismus», sagt Kolak.

Während einige Angst um ihre Stelle haben, hegen dennoch viele Hoffnung. Nyco-Arbeiter Jan Gall *: «Im Betrieb ist die Stimmung komisch, aber wir arbeiten wie gewohnt weiter.» Erst im vergangenen Februar wurde die Firma von Fair Cap aufgekauft (siehe Box). Wie die «Berner Zeitung» berichtet, war Nyco laut dem neuen Besitzer bereits zu diesem Zeitpunkt in einer «Verlustsituation». Die Corona-Pandemie sowie ein eingestürztes Dach nach einem starken Gewitter im August 2022 erschwerten die Produktion und führten zu finan­ziellen Einbussen.

Die Firma gehört zu den wichtigsten Arbeitgeberinnen in Kirchberg BE. Viele der Angestellten arbeiten als Drucktechnologinnen und -technologen. Auch einige Hilfskräfte ohne Ausbildung werden bei der Verpackungsfirma beschäftigt. Gearbeitet wird rund um die Uhr in drei Schichten – Frühschicht, Abendschicht und Nachtschicht.

TRADITIONSBETRIEB: Der Verpackungshersteller Nyco wurde 1890 gegründet und ist einer der wichtigsten Arbeitgeber im Emmental. (Foto: PD)

MUTIGE MITARBEITENDE

Laut Unia-Mann Kolak braucht es jetzt rasch neue Investoren oder Käuferinnen. Auch hier muss die Gewerkschaft am Ball bleiben: «Weil sich die Firma in einer finanziellen Notlage befindet, findet kein gewöhnlicher Betriebsübergang statt. Umso wichtiger ist es deshalb, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu schützen.»

Was mit den Überstunden und Ferien der Angestellten bei einer Übernahme passiert, ist ungewiss. Bis eine Lösung auf dem Tisch liegt, kann es noch Wochen oder Monate dauern. So lange müssen die Mitarbeitenden Geduld haben.

Doch die Unia wartet nicht ab, viele der Nyco-Beschäftigten sind schon länger Gewerkschaftsmitglieder. Einige hat auch die aktuelle Unsicherheit im Betrieb dazu bewogen, der Gewerkschaft beizutreten. «Aktuell sind etwa ein Drittel der Belegschaft bei uns Mitglieder – Tendenz steigend», sagt Unia-Mann ­Kolak. Die Gewerkschaft sei nahe dabei und behalte die Entwicklungen genaustens im Blick. Kolak: «Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter brauchen in solchen unsicheren Zeiten viel Durchhaltevermögen und Mut.»

*Name geändert

Nyco: Schon fünf Mal weitergereicht

Die Verpackungsfirma Nyco gibt es bereits seit über 130 Jahren. ­Gegründet im Jahr 1890 als Alumi­niumwalzwerk Nyffeler & Corti, eta­blierte sich das Familienunternehmen als wichtige Arbeitgeberin in Kirchberg BE. Später kommt der Betrieb in US-amerikanische Hände: Im Jahr 1966 erwirbt die Firma Kaiser Aluminium das Unternehmen im ­Emmental. Doch die US-Amerikaner bleiben nicht lange. Bereits 1989 kaufte die niederländische Hoogovens-Gruppe die Verpackungsfirma. Und nur fünf Jahre später folgt der nächste Wechsel: Die niederländische Clondaklin Group erwirbt den Betrieb im beschaulichen Kirchberg.

GESCHRUMPFT. Während der ganzen Verkäufe schrumpft auch die Belegschaft: Die Stellen reduzieren sich von 300 um rund die Hälfte. Im vergangenen Februar wurde Nyco schliesslich von der deutschen Beteiligungsgesellschaft Fair Cap aufgekauft. Der Umsatz von Fair Cap liegt jährlich bei bis zu 200 Millionen Euro. Mit einem Jahresumsatz von 45 Millionen ist Nyco das grösste Unternehmen der Gruppe. (dak)

2 Kommentare

  1. Gerber Roger

    Hallo Anton war von 1990-2010 da ist genau so.

  2. Mühlemann Anton

    Bei diesem Führungspersonal war das eine Frage der Zeit. Habe diesen Filz 1985-1999 meine Entlassung kennen gelernt. Musste die Unia zu Hilfe rufen um Steeb und Konsorten in die Schranken zu weisen.

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