Rosa Zukunft ‒ Technik, Umwelt, Politik

Wasserstoff vs. Batterien: Das Elektro-Elefantenrennen läuft heiss

Peter Bodenmann

Was setzt sich durch? Batterien oder Wasserstoff? Jedenfalls jagt ein technologischer Durchbruch den nächsten. Der ökologische Umbau ist nicht aufzuhalten. 

ÖKO-BRUMMER: Der LKW der Zukunft soll entweder mit Strom oder mit Wasserstoff ­angetrieben werden. Ein fahrendes Beispiel gibt’s aber von beiden noch keins. (Foto: Tesla)

Unser neuer Umweltminister ist ein Mann der Öllobby und ein AKW-Fan. Deshalb warnen Linke und Grüne jetzt vor Albert Atom-Rösti. Aber: Sind vielleicht die Wilderer von einst die besten Wildhüter von morgen? Vielleicht. Dann wäre die Wahl unseres Röstis gar nicht die grosse Katastrophe? Möglich. Vorausgesetzt Grüne, Linke und Gewerkschaften beginnen realistischere Konzeptionen zum ökologischen Umbau zu entwickeln. Auch bei der Lastwagen-Mobilität.

Denn in der Welt der Lastwagen der Zukunft findet gerade ein Elefanten­rennen statt. Die entscheidende Frage: Wer gewinnt? Der Wasserstofflastwagen oder der Elektrolastwagen?

Nur ein Prozent aller weltweit produzierten Lastwagen sind schwere Brummer. Aber sie produzieren 20 Prozent des verkehrsbedingten CO2-Ausstosses. Warum? Erstens verbrennen Last­wagen pro hundert Kilometer vier Mal mehr Diesel als Privatautos. Und zweitens legen Lastwagen pro Jahr fünf Mal mehr Kilometer zurück als private ­Fahrzeuge.

Wasserkocher 1: Der Autohersteller Hyundai wollte in der Schweiz 50 Wasserstofflastwagen testen. Bürgerliche ­Politikerinnen und Politiker fungierten als Taufpatinnen und -paten. Allen voran der deckungsgleiche Präsident von FDP und Astag, Thierry Burkart. Praktisch alle Medien berichteten unkritisch und begeistert zu gleich. Inzwischen hat ­Hyundai den Versuch abgebrochen. ­Niemand erinnert uns an diesen Mega-Flop. Ausser natürlich work.

Wasserkocher 2: Der steinreiche US-Unternehmer Elon Musk ist vorsichtig umschrieben ein Flipperkasten. Neu: auch noch ein rechter Flipperkasten. Zurzeit pusht Musk mit Twitter die Republikaner. Die Wette gilt: Er wird Trump & Co. vor den Wahlen 2024 auch wieder fallenlassen.

Derselbe Musk wollte bereits 2019 mit seinem Semi-Truck, seinem Elektro-Lastwagen, auf den Markt kommen. Er hat inzwischen drei Jahre Verspätung auf seine Marschtabelle. Jetzt sollen die Dinger scheint’s laufen. Aber viel Details will Musk nicht bekanntgeben.

Wasserstoff 3: Das Deutsche Reich beging einst auf dem Gebiet des heutigen Namibia den Völkermord an den Herero. Die Fläche von Namibia ist doppelt so gross wie jene von Deutschland. In Namibia leben dreissig Mal weniger Menschen als in Deutschland. Das Bruttoinlandprodukt des Landes beträgt pro Jahr nur 12 Milliarden Franken. Und hier wollen die Deutschen jetzt 11 Milliarden Franken investieren. Der grüne Wirtschaftsminister Robert Habeck reiste kürzlich für fünf Tage nach Afrika. Der Nachfahre der deutschen Völkermörder von einst will ab 2027 Wasserstoff und Ammoniak importieren. Für eine Industrie, die in Deutschland weiterhin Stahl, Dünger und chemische Produkte herstellen soll. Im ersten Schritt soll Wasserstoff pro­duziert werden. Und vor Ort will man aus Wasserstoff Ammoniak herstellen, weil man dieses leichter transportieren und lagern kann.

Das Meerwasser wird entsalzt. Ein neuer Hafen für die Riesentanker soll gebaut werden. Trotz oder wegen dieser ­gigantischen Investitionen würden die Kosten pro Kilowattstunde Ammoniak nur 5 Rappen kosten.

Viele Fragen stellen sich: Welche ökologischen Auswirkungen hat das Projekt? Entsteht hier nach dem Kolonialismus ein neuer Öko-Imperialismus? Wer zieht im laufenden Poker wen über den Tisch? Wird die Nachfrage nach grünem Wasserstoff nicht überschätzt? Müsste die Schweiz da nicht auch mitmachen, falls unsere Landschaftsschützer grosse Solaranlagen in der Schweiz verhindern?

Wassergekühlt 4: Bisher dauerte es eine halbe Ewigkeit bis die Batterien ­eines Lastwagens wieder geladen waren. Neu will Tesla Ladestationen mit einer Leistung von 1000 Kilowatt anbieten. ­Innert 45 Minuten werden wir Strom für weitere 600 Kilometer Reichweite tanken können. Nächstens sollen sogar 3000 Kilowatt-Ladestationen aus der Schweiz angeboten werden. Wir bleiben dran.

Links zum Thema:

  • rebrand.ly/wasserstoff-pate FDP-Chef Thierry Burkart kann Lastwagen fahren. Nicht gut, aber immerhin
  • rebrand.ly/wasserstoff-werbung Das Energieunternehmen Enertrag ist federführend in Namibia dabei. Unternehmensbroschüren sind Werbebroschüren. Aber sie enthalten auch Informationen.
  • rebrand.ly/wasserstoff-imperialismus Der deutsche grüne Wirtschafts- und Klimaschutz-Minister Habeck reiste kürzlich nach Afrika. Der Nachfahre der deutschen Völkermörder will ab 2027 Wasserstoff und Ammoniak importieren.

1 Kommentar

  1. Tony Staub

    Sehr geehrter Herr Bodenmann, jetzt habe ich doch grad auf der rechten Spalte der work-Website einen Slogan gelesen: „Sie lügen wie gedruckt. Wir drucken, wie sie lügen.“ Nun hoffe ich einfach, dass Sie den Bericht über Wasserstoff gegen Batterie nicht drucken. Da sind so viele falsche Informationen drin, dass ihr Slogan zum Bumerang wird.

    Beispiel: In der Schweiz haben 47 schwere Wasserstoff-Elektro-Nutzfahrzeuge (36 Tonnen Anhängerzüge) vor zwei Monaten den 5-millionsten Kilometer erreicht, ohne CO2-Emissionen. Das ist alles andere als ein Flop, denn sie fahren zurzeit auf Schweizer Strassen pro Woche fast 70’000 km, ohne CO2-Emissionen – ein Projekt übrigens, das weltweit Beachtung findet.

    Zweitens: es gibt kein Rennen zwischen Wasserstoff-elektrisch und batterie-elektrisch. Es sind einfach zwei vielversprechende Technologien, die unseren ökologischen Fussabdruck verbessern – mit vielen Vorteilen und (natürlich) auch mit Nachteilen. Wichtig daran ist, dass sie uns dem Ziel von null Emissionen näher bringen. Was bitte sehr kann den daran falsch sein?

    Ein Vorteil, der work-Leser/innen vielleicht auch interessieren dürfte: Neue Technologien schaffen auch neue Arbeitsplätze.

    Empfehlung an Herr Bodenmann: Investieren Sie doch auch etwas Zeit in die Recherche, damit die work-Leser/innen nicht mit falschen Informationen bedient oder gar angelogen werden.

    Beste Grüsse, Tony Staub

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