Prämienschock

Voll auf Kosten der Menschen

Clemens Studer

Die bürgerliche Mehrheit im Ständerat will die Haushalte mit tiefen Einkommen bei den Krankenkassenprämien nicht besser entlasten.

IMMER TEURER: Viele Haushalte leiden unter der Prämien-Explosion. (Foto: Keystone)

Die explodierenden Krankenkassenprämien verschärfen die Lebenshaltungskosten-Krise gerade für Haushalte mit mittleren Einkommen massiv, weil sie keine oder kaum Prämienverbilligungen bekommen. Dies ist so, weil die ­bürgerlichen Mehrheiten in vielen Kantonen bei den Budgets für Prämienverbilligungen geizen. Für eine vierköpfige Familie bedeutet der erwartete Prämienschock konkret rund 1100 Franken Mehrausgaben im Jahr, wie der Schweizerische Gewerkschaftsbund (SGB) ausgerechnet hat.

Das Problem ist nicht neu. Gewerkschaften und fortschrittliche Parteien haben deshalb die Prämienentlastungsinitiative lanciert. Diese verlangt, dass kein Haushalt mehr als 10 Prozent seines verfügbaren Einkommens für Krankenkassenprämien ausgeben muss. Die Umsetzung wäre unbürokratisch und einfach über das Prämienverbilligungssystem in den Kantonen machbar. Doch der Bundesrat lehnt die Initiative ab.

«Wie wenn die Feuerwehr bei einem Grossbrand bewusst auf ein Ausrücken verzichtet: unverständlich und skandalös!»

RIESIGER AFFRONT

In der Sommersession kam es im Nationalrat zu einem Schulterschluss der fortschrittlichen Parteien mit der Mitte. Das Resultat war ein substantieller Gegenvorschlag zur Prämienentlastungsinitiative. Dieser enthält konkret unter anderem: zusätzlich 2,2 Milliarden Franken jährlich für die Prämienverbilligungen für Haushalte mit unteren und mittleren Einkommen. Ausserdem sollen die Kantone damit aufhören, die Prämienverbilligungen für Bezügerinnen und Bezüger von Ergänzungsleistungen in ihre Beiträge an die Prämienverbilligung einzurechnen. So steht für die anderen Berechtigten mehr Geld zur Verfügung.

Die rechten Parteien SVP, FDP und GLP sind dagegen. Und der Ständerat spielt weiter auf Zeit. Am 30. November weigerte sich die bürgerliche Mehrheit, auf den indirekten Gegenvorschlag zur Prämienentlastungsinitiative der SP einzutreten. Das heisst, sie verweigerte die Diskussion über die finanzielle Entlastung der Haushalte mit unteren und mittleren Einkommen.

Der St. Galler SP-Ständerat und ehemalige Chef des Gewerkschaftsbunds, Paul Rechsteiner, sagt dazu: «Die Verzögerung durch die Bürgerlichen ist ein immenser Affront und geht voll auf Kosten der Menschen.» Und SGB-Zentralsekretär Reto Wyss sagt zur Diskussionsverweigerung der bürgerlichen Ständeratsmehrheit: «Das ist in etwa, wie wenn die Feuerwehr bei einem Grossbrand bewusst auf ein Ausrücken verzichtet: unverständlich und skandalös!»

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