Weihnachtsmärkte: Nicht alles ist Gold, was dort glänzt

Bibbern zwischen Schoggi, Glühwein und Wollsocken

Darija Knežević

Stundenlang stehen sie in ihren Ständen in der Kälte, beraten beim Geschenkkauf, warten auf Kundschaft. Wer sind die Verkäuferinnen und Verkäufer an den Weihnachtsmärkten? work hat nachgefragt

ES WEIHNACHTET SEHR: Standbetreiberin Regula Gubler (70) verkauft am Winterthurer …Weihnachtsmarkt seit 25 Jahren Selbstgestricktes. (Fotos: Florian Aicher)

Am Winterthurer Weihnachtsmarkt ist an diesem Dienstagnachmittag bereits einiges los. Kleine Kinder knabbern an Schoggi-Spiessen, ältere Kundinnen und Kunden lassen sich an einem Gewürzstand beraten, und die ersten jungen Erwachsenen wärmen sich mit einem Glühwein. In der Mitte des Platzes steht unübersehbar ein Riesenrad – für das 25-Jahre-Jubiläum des Marktes. Und rundherum arbeiten Verkäuferinnen und Verkäufer in ihren Ständen und trotzen der eisigen Kälte.

Seit es den Markt in der Winterthurer Altstadt gibt, betreibt Regula Gubler aus Bülach ZH ihren Stand. Die 70jährige verkauft vor allem Selbstgestricktes. Die Stulpen, Socken und Topflappen produziert sie mit ihren Freundinnen, die meisten davon pensioniert. «Auch mein Sohn lismet mit», erzählt die Verkäuferin stolz. Wie viel Gubler mit ihrem Stand verdient, steht bis zu den Festtagen in den Sternen. Die letzten Jahre war es besonders wegen der Pandemie ein hartes Geschäft. Auch in dieser Saison merkt die Verkäuferin: Viele der Besucherinnen und Besucher müssen aufs Portemonnaie schauen.

Und wie ist es mit den Temperaturen? «Die Kälte sitzt in den Knochen, aber ich habe meine warme Arbeitskleidung – dicke Wollsocken und wärmende Stiefel», sagt Gubler. Gegen die beissende Kälte hat Gubler ihre eigenen Tricks. Sie bleibt in Bewegung, spaziert gelegentlich zu anderen Marktständen oder holt sich zum Mittagessen eine warme Suppe. Und bevor sie vormittags die Läden ihres Standes öffnet, trinkt die Verkäuferin einen wohltuenden Kaffee in ihrer Lieblingsbeiz.

«Der Markt in Zürich ist zur Geldmaschine geworden.»

GROSSE HILFSBEREITSCHAFT

Wer sich an den grauen Dezembertagen etwas Sonnenschein besorgen will, findet dies nur wenige Stände weiter bei Claudia Schletti aus Kümmertshausen TG. Bei ihrem Stand dreht sich alles um Oliven aus Griechenland: Sie verkauft Olivenöl und Naturkosmetik sowie Geschirr und Wohnaccessoires aus Olivenholz. Schletti sagt: «Ich lebe schon seit vielen Jahren von den Verkäufen hier auf dem Markt.» Ihre Waren verkauft Schletti an drei Wochenmärkten, zusätzlich kommen saisonale Märkte dazu, wie beispielsweise der Weihnachtsmarkt in Winterthur.

Viele der Marktbetreiberinnen und Marktbetreiber sind selbständig. Hilfe erhalten sie oft von Bekannten, Familienmitgliedern oder anderen Standbetreibern: «Wir helfen einander aus», erzählt Schletti. Sie selbst erhält Unterstützung von einer guten Freundin. Und auch beim asiatischen Imbissstand in der Nähe greift man sich in der Not unter die Arme. Ein älterer Mann, der dort arbeitet, erzählt: «Mein Sohn hat ein Restaurant und diesen Stand hier. Ich helfe ihm aus, wenn es zu stressig wird.»

Claudia Schletti sagt: «Es ist ein sehr strenges Geschäft.» Doch am Weihnachtsmarkt in Winterthur fühlt sie sich wohl, es herrscht gute Stimmung und kein Konkurrenzkampf. Zudem kann sie hier genug verdienen. Anders erlebte sie es an anderen Weihnachtsmärkten: «In Zürich lief mein Stand leider gar nicht gut. Der Konkurrenzdruck ist immens und der Weihnachtsmarkt eine Geldmaschine», sagt Schletti.

PARADEPLATZ FÄRBT AB

Und tatsächlich: Nur wenige Kilometer weiter, im Zentrum von Zürich, gleichen die Weihnachtsmärkte mehr einem Treffen von hippen Start-ups. Eine Tafel Schoggi für 13 Franken? Oder Gin für 60 Franken die Flasche? Am Weihnachtsmarkt beim Münsterhof, wenige Schritte vom Zürcher Paradeplatz entfernt, herrscht Luxusstimmung. Nur Besucherinnen und Besucher mit einem dicken Portemonnaie können sich hier mit Geschenken eindecken. Weniger gut Verdienende findet man hier eher hinter den Ständen. Auch Lohnabhängige finden am Weihnachtsmarkt beim Münsterhof Nebenjobs. So auch Nina Ruf *, die am Weihnachtsmarkt im Stundenlohn angestellt ist. Wie viel sie verdient, verrät Ruf aber nicht.

Je später es wird, desto dichter füllen sich die Weihnachtsmärkte. Bald sind die Geschenke eingepackt und die Bäuche vollgeschlagen. Und statt ein Feierabendbier lassen sich die Besucherinnen und Besucher einen warmen Glühwein schmecken.

Unia-Weihnachten: Ein Fest für alle

(Foto: Unia Aargau-Nordwestschweiz)

Die Unia Aargau-Nordwestschweiz organisierte dieses Jahr einen einzigartigen Weihnachtsanlass: Auf dem Schulhof Clara in Basel entstand am 9. Dezember zum ersten Mal das Unia-Weihnachtsdorf. Der Eintritt inklusive Verpflegung war für Mitglieder kostenlos, Gäste zahlten 15 Franken. Unter den zahlreichen Besucherinnen und Besuchern hatten besonders die Kinder grosse Freude an Süssigkeiten, Musik und dem Samichlaus. Unia-Frau Mirjana Vuckovic sagt: «Wir wollten damit besonders Familien mit kleinem Budget eine Freude machen.»

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