Ratgeber

Stimmung gut, Luft verschmutzt: Was Sie jetzt über Kerzen wissen sollten

Martin Jakob

So ein Kerzenflämmchen stimmt heiter. Aber ist eine Kerze ökologisch korrekt? Kann man damit kochen? Und heizen, wenn kein Strom mehr kommt? work setzt Ihnen ein Licht auf.

KERZEN SIND KEIN KRAFTWERK: Teelichter können ein Kännchen Tee warm halten. Zum Heizen und Kochen ist ihre Energieleistung aber zu gering. (Foto: Vecteezy)

Wird’s draussen winterlich, schiessen die Kerzenverkäufe durch die Decke. Zaubern wir doch ein bisschen Besinnlichkeit in die gute Stube! Aber, wie’s halt ist, wenn man genauer hinschaut: wo Kerzenlicht ist, ist auch Schatten.

ERDÖL, PALMÖL, WACHS. Eine Kerze besteht aus dem Brennstoffmantel und einem Docht. Der Docht ist meistens aus Baumwolle. Als Brennstoff verwenden die industriellen Hersteller Paraffin (ein Nebenprodukt, das beim Raffinieren von Erdöl entsteht), Stearin (ein Pflanzenöl, zur Hauptsache Palmöl) oder ein Gemisch dieser Stoffe. Hinzu kommen je nachdem Farbstoffe und Duftöle. Die Kerze aus Bienenwachs ist die teure Luxusvariante und das Wachs zwar ein Naturprodukt, aber zu 99 Prozent auf langen Wegen importiert, überwiegend aus China. Die umwelttechnisch sauberste Weste haben Bio-Kerzen ohne Paraffin, die aus pflanzlichen Ölen wie Soya oder Raps hergestellt werden, aber ohne Palmöl.

Tipp Beachten Sie beim Kauf die Inhaltsstoffe und bevorzugen Sie Kerzen, die aus Ölen aus nachhaltigem Anbau (Soya, Raps, Palmöl ­mit entsprechendem Nachweis) her­gestellt sind.

Teelichtöfen:geringe Heizleistung, dafür Brandgefahr.

VIEL FEINSTAUB. Kerzen heben vielleicht die Stimmung. Sicher aber erhöhen sie den Schadstoffgehalt der Raumluft. Ergebnisse aus dem Labor der ­Eidgenössischen Materialprüfungsstelle EMPA in Dübendorf: Nach einer Stunde Brennzeit liegt der Feinstaubgehalt in der Luft bei rund 35 Mikrogramm pro Kubikmeter, fast doppelt so hoch wie in der Schweizer Stadtluft. Flackert die Kerze, weil sie im Durchzug steht oder der Docht zu lang ist, liegt die Feinstaubkonzentration sogar mehr als dreimal höher als in der normal verschmutzten Stadtluft. Zudem sind die Feinstaubpartikeln der Kerze ex­trem klein und leicht, halten sich deshalb lange in der Luft und können tief in die Lunge eindringen. Etwa so schädlich wie Tabakrauch, sagen die Fachleute.

Tipp Vermeiden Sie beim Abbrennen von Kerzen Zugluft, schneiden Sie den Docht auf maximal 1 Zentimeter zurück, und lüften Sie nach dem Auslöschen der Kerze.

WENIG ENERGIE. Soll man Kerzen bunkern, um im Notfall ­damit heizen und kochen zu können? Theoretisch ist das möglich. Kerzen geben schliesslich Wärme ab. Aber die Heiz­leistung ist bescheiden. Sie erreicht bei einem Teelicht etwa 40 Watt. Um einen Raum auf 20 Grad zu erwärmen, benötigen Sie aber etwa 75 Watt – pro Quadratmeter! In einem Raum von 20 Quadratmetern wären das dann 1500 Watt oder 37,5 Teelichter. Und nach einer Stunde reissen Sie alle Fenster auf, um die Luft zu waschen.

Zwar bieten verschiedene zeitgeistige Firmen in Onlineshops drei- bis sechsflammige Teelichtöfen an und preisen sie als alternative Heizung. Eine mehr als punktuelle Erwärmung des Raums leisten sie aber nicht – und die Brandgefahr ist viel zu gross!

Das Kochen mit Kerzen kann gelingen – aber nur, wenn Sie viel Geduld mitbringen. Für ein Tête-à-tête mag der Teelicht-Racletteofen ja mal lustig sein. Aber für ein richtiges Geköch reicht die Heizenergie von Kerzenlicht einfach nicht aus.


Reste verwertenSelber giessen

Statt Kerzenreste fortzuwerfen, können Sie diese sammeln und neue Kerzen daraus gies­sen. Achten Sie beim Kauf der Dochte darauf, die richtige ­Dicke zu wählen: je grös­ser der Kerzen­umfang, desto dicker soll der Docht sein. Dochte sind in Bastelläden und Baumärkten erhältlich, Anleitungen finden Sie im Internet. Hier jene der Firma Hongler Kerzen aus Altstätten SG: rebrand.ly/kerzengiessen.

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