1x1 der Wirtschaft

Detailhandel: Vor allem das Kader verdient im Alter mehr

David Gallusser

David Gallusser ist Ökonom beim Schweizerischen Gewerkschaftsbund (SGB).

Für viele Arbeitnehmende ist es eine Selbstverständlichkeit: Der Lohn steigt mit dem Alter. Leider ist es aber nicht für alle so. Gerade für Mitarbeitende im Dienstleistungssektor, wo die Löhne ohnehin schon tief sind, geht es kaum aufwärts. Bestes Beispiel ist der Detailhandel. Ältere Verkäuferinnen erhalten dort nur wenig bessere Löhne als ihre Kolleginnen nach dem Berufseinstieg. So lag 2018 der mittlere Lohn für eine 20jährige Verkäuferin mit Vollzeitpensum bei 4319 Franken (siehe Grafik). Der mittlere Lohn von 60jährigen Verkäuferinnen belief sich auf 4666 Franken. Das sind für jedes Lebensjahr bloss 9 Franken mehr.

(Daten: BFS, Lohnstrukturerhebung 2018. Schätzung: SGB)

LOHNANSTIEG FÜR KADER. Eine substantielle Entschädigung für Erfahrung und Treue wird aber nur den Normalverdienenden verwehrt. Wer im Detailhandel im Kader arbeitet, darf sich über Gehälter freuen, die mit der Zeit zulegen. Das gilt zunächst für die unteren und mittleren Kader. Im Detailhandel sind das oftmals Berufsleute mit Lehre, die innerhalb der Unternehmen aufsteigen. Aber auch sie erreichen nicht die gleich hohen Saläre wie die oberen Kader oder die Beschäftigten mit Uni- und Fachhochschulabschluss. Kaderleute mit Studium haben nicht nur deutlich höhere Verdienste. Ihre Monatslöhne wachsen im Mittel mit jedem Jahr um rund 330 Franken!

MACHT STATT LEISTUNG. Die Manager rechtfertigen die Unterschiede mit Leistung: Sie selbst würden i­mmer besser, je älter sie würden. Den älteren Verkäuferinnen werfen sie umgekehrt vor, nicht mehr zu leisten als die jüngeren. Beides ist mehr als fraglich. Einerseits kann auch älteres Verkaufspersonal von seinen Erfahrungen zehren, wenn es zum Beispiel um Beratung oder Teamfähigkeit geht. Andererseits ist es fraglich, ob die Erfahrung ­eines älteren Managers wirklich die grossen Lohnunterschiede gegenüber den geistig frischeren jüngeren Kolleginnen rechtfertigt. Naheliegender sind Machtunterschiede: ­Ältere Manager haben in den Unternehmen das Sagen. Sie können ihre Löhne massgeblich beeinflussen. Uni-Abgängerinnen wiederum können oft mit dem Wechsel zu ­einem anderen Unternehmen drohen, falls der Lohn nicht stimmt. Das sind beides Optionen, die Lehr-Abgänger und vor allem Verkäuferinnen oft nicht haben.

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