Riegers Europa

Europäische Gewerkschaften: Solidarisch gegen die Invasion

Andreas Rieger

Andreas Rieger

Der Einmarsch der russischen Armee in der Ukraine hat den Europäischen Gewerk­schafts­bund (EGB) aufgerüttelt. Über 200 Delegierte nahmen gleich nach Kriegsbeginn an einem Online-Treffen teil. Mehrere Kollegen aus der Ukraine waren dabei, einige mit der Waffe neben sich. Sie berichteten über die Not der Bevölkerung und den Widerstand. Und die Delegierten versicherten den ukrainischen Kolleginnen und Kollegen ihre Unterstützung. Ihre Forderung: Waffenstillstand und Rückzug der russischen Armee aus der Ukraine. Und alle EGB-Delegierten waren für Sanktionen, vorausgesetzt, sie zielen auf Russlands Staatsspitze und die Oligarchen und nicht auf die Bevölkerung.

«Wir dürfen nun nicht in Kriegsrhetorik verfallen!»

FLAMMENDE ERMAHNUNG. Zwei Wochen später traf sich die EGB-Exekutive. Die Grund­­­forderungen bleiben die gleichen. In allen Ländern mobilisieren die Gewerkschaften, sammeln Geld und Hilfsgüter für die Schwestergewerkschaften in der Krisenregion. Empörung herrscht über die russische Gewerkschaft FNPR, die die Invasion begrüsst (siehe Seite 7). Eine flammende Ermahnung kommt von Wolfgang Katzian, dem Präsidenten des Österreichischen Gewerkschaftsbunds (ÖGB): «Unser Grundanliegen war immer Frieden und Demokratie. Dafür gehen wir auf die Strasse. Wir dürfen bei uns nun nicht in Kriegsrhetorik verfallen und noch mehr aufrüsten – das Geld fehlt dann für ein soziales Europa.»

EU-OSTERWEITERUNG. Gleichzeitig beginnen jetzt schon Diskussionen über das Europa nach dem Krieg. Die russische Aggression hat der Integration der Europäischen Union unerwarteten Schub verliehen. Die Ukraine, aber auch Georgien und Moldau drängen auf baldige Mitgliedschaft. Sie kommen zu den bisherigen Beitrittskandidaten Montenegro, Serbien, Albanien, Kosovo und Nordmazedonien hinzu. Aber würde eine solche «Osterweiterung» die EU nicht überfordern? Dies befürchten die Skeptikerinnen und Skeptiker. Sie weisen darauf hin, dass Länder wie Rumänien und Bulgarien wirtschaftlich abgehängt bleiben, obwohl sie seit Jahren Mitglieder der EU sind. Und sie schlagen deshalb ein «Europa der zwei Geschwindigkeiten» vor. Ein «Kerneuropa» und ein Europa des zweiten Kreises. Aber welches Land wird sich freiwillig in den Zweitklassstatus versetzen lassen?
So oder so – die EU wird nach dem Krieg in der Ukraine nicht mehr die gleiche sein.

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