Deutsche Mediendebatte
Gesucht: Zukunfts­sender

Deutsche Gewerkschaften legen ­Forderungen für öffentlichrecht­liches Radio und Fernsehen vor.

VIELFALT: Die «Öffentlichrechtlichen» spielen in Deutschland eine grosse Rolle – noch. (Foto: ZVG)

Hüben wie drüben dasselbe Spiel: Geht es um die Medien, gar um das öffentliche Radio und Fernsehen, so kennt die politische Rechte kein Halten mehr. Es soll abgebaut und gestrichen werden. In der Schweiz will die SVP schon lange die «Zwangsgebühren» kippen, in Deutschland wettert die AfD gegen das «Staatsfernsehen». Nun haben der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) und die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi ihre Haltung deutlich gemacht. Sie fordern nicht nur den Erhalt der bestehenden Sender, sondern ihren Ausbau.
Für die Gewerkschaften sei die Lage eindeutig, sagt Matthias von Fintel, bei Verdi für den Bereich Medien zuständig. Im Gespräch mit work erklärt er: «Der öffentlichrechtliche Rundfunk macht die für das Funktionieren der Demokratie notwendigen Informationen allen zugänglich. Er stellt ein Gegengewicht zur Macht der privaten Medienlandschaft dar.» Doch von Fintel räumt auch ein, dass die Rundfunkanstalten zunehmend den Anschluss an das junge Publikum verlieren. «Die Öffentlichrechtlichen», so der Gewerkschafter, «müssen mit Anbietern wie Netflix mithalten können. Das wird nur gelingen, wenn sie eine gemeinsame, starke Medienplattform entwickeln.» Die dafür günstigste Perspektive: ein EU-weites Angebot.

WELCHER ALGORITHMUS?

Mit der zunehmenden Bedeutung von Plattformen und Mediatheken stellt sich für die Öffent­lichen noch eine ganz andere Frage: Wie können sie ihre Inhalte anbieten, ohne das ­Publikum einfach nur in seinen Vorlieben zu bestärken? Das Problem ist klar: Private Plattformen wie Youtube, aber auch Streamingdienste greifen auf Algorithmen zurück, die den Zuschauenden immer mehr von dem anpreisen, was sie bereits gesehen haben. Das Vor­gehen verengt die Sehgewohnheiten und führt, im schlimmsten Fall, zur Bubble-Bildung. Um dem vorzubeugen, müssten die öffentlichen Sender also Vorschlagsmechanismen entwickeln. Auch da haben die Gewerkschaften weitergedacht: Es brauche einen «gemeinwohl­orientierten Algorithmus». Verdi-Mann von Fintel: «Den zu entwickeln ist eine schwierige Aufgabe. Aber davor darf der öffent­liche Rundfunk nicht zurückschrecken.»­

Schweiz: Ja zum ­Mediengesetz!

Am 13. Februar stimmen wir über das «Massnahmenpaket zugunsten der ­Medien» ab, es verlangt insgesamt 150 Millionen Franken mehr Medienförderung als bisher. Mehr Geld für die indirekte ­Medienförderung für Hunderte Publikationen der Mitgliedschaftspresse (Gewerkschafts-, Mieter-, Kirchen-, Bauern-, Parteipresse usw.). Aber auch Ermässigungen für die Früh- oder Sonntagszustellung der Tages- und Sonntagspresse. Plus erstmals Geld für die direkte Förderung der Onlinemedien. Obwohl die etablierten Verlage neu auch von diesen Subventionen profitieren sollen, haben die Gewerkschaften die Ja-Parole zum Mediengesetz beschlossen. Unter anderem auch, weil es eine GAV-Pflicht für Frühzustellerfirmen vorsieht. work berichtete ausführlich hier: rebrand.ly/medienpaket.

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