Der Bundesrat hat entschieden: Corona ist Vergangenheit. Ob das Virus auf ihn hört, bleibt offen.
BYE, BYE, MASKE: Der Bundesrat (hier Gesundheitsminister Alain Berset) hat am Mittwoch die meisten Schutzmassnahmen aufgehoben. Gleichentags gemeldete neue Covid-Fälle: 21’032. (Foto: Keystone)
Mittwoch, 16. Februar. Das Bundesamt für Gesundheit meldet 21’032 neue Coronafälle und 10 neue Tote. 75’611 Menschen wurden getestet. Die Positivitätsrate lag bei 27,8 Prozent. Eine Pandemie ist im Griff, wenn diese Rate bei 5 Prozent oder darunter liegt. Sagt die Weltgesundheitsorganisation (WHO). Der Schweizer Bundesrat sagt: WHO who? WHO wer? Und schafft alle Massnahmen zur Pandemiebekämpfung ab. Die meisten ab Mittwoch Mitternacht.
Konkret:
- Keine Masken und kein Zertifikat mehr in Läden, Restaurants, Kulturbetrieben und öffentlich zugänglichen Einrichtungen. Und Veranstaltungen wieder ohne Maske und Zertifikat zugänglich.
- Homeoffice-Empfehlung weg, Masken im Job auch.
- Grossveranstaltungen wieder ohne Covid-Sicherheitskonzept.
- Bis Ende März gilt noch eine Maskenpflicht im ÖV und in Gesundheitseinrichtungen.
- Ab Ende März müssen positiv Getestete nicht mehr in Isolation. Konkret: Sie können sich maskenlos und ansteckend frei bewegen.
- Die wissenschaftliche Taskforce wird aufgelöst (bis Ende März darf sie noch aufräumen).
Bundesrat überlässt Risikopatienten und Chronischkranke sich selber.
FERTIG RÜCKSICHT
Die Schweiz hat Erfahrungen mit Haurucköffnungen. Es sind keine guten. Generell ist die Schweiz bei der Seuchenbekämpfung immer einen Büsi-Kurs gefahren. 2020 und 2021 wurde rasch gelockert und zu spät auf die neuen Wellen reagiert. Im Zweifel entschieden sich Bund und Kantone immer für mehr Kranke und Tote und gegen Pandemie-Bekämpfungsmassnahmen. Trotzdem jammerten Gewerbe- und Wirteverbände in Dauerschleife: «Schwerpunkt völlig einseitig auf der Volksgesundheit.»
Mit der Rücksichtnahme auf die Gesundheit macht jetzt der Bundesrat definitiv Schluss. Schon seit Monaten fahren die Behörden einen nicht deklarierten Durchseuchungskurs. Zuerst an den Schulen, dann in der ganzen Gesellschaft. Die daraus resultierenden Hunderttausende von Omikron-Ansteckungen dienen jetzt als Argument, die Massnahmen abzuschaffen. Obwohl es völlig offen ist, ob Infektionen mit Omikron auch vor der Infektion mit anderen Covid-Varianten schützen. Und ohne Ahnung, was das für die Entwicklung der Long-Covid-Erkrankungen bedeutet. Die bürgerlichen Parteien und die Wirtschaftsverbände sind begeistert vom Bundesratskurs. Und fordern Rache an der Wissenschaft.
«EIGENVERANTWORTUNG»
Noch sind längst nicht alle Lehren aus der Pandemie gezogen. Und es ist anzunehmen, dass das Virus noch ein paar Überraschungen auf Lager hat. Eines haben aber die vergangenen Seuchen-Monate gezeigt: Eigenverantwortlich andere zu schützen funktioniert im Zweifel nicht. Das bedeutet für die Risikopatientinnen und -patienten und die Chronischkranken in diesem Land ab sofort: Sie sind sich selber überlassen, sofern sie nicht in einem Heim leben oder im Spital liegen. Oder, wie es FDP-Bundespräsident Ignazio Cassis ausdrückt: «Diese Menschen gab es vor der Pandemie, während der Pandemie, und es gibt sie auch nach der Pandemie. Sie können nicht dauerhaft durch kollektive Massnahmen geschützt werden.»
Anders sieht das SP-Co-Präsidentin Mattea Meyer: «Aus Rücksicht auf vulnerable Personen hätte die Maskenpflicht in Einkaufsläden beibehalten werden sollen, insbesondere solange die Fallzahlen so hoch sind. Zudem sind auch die Arbeitgeber weiterhin verpflichtet, ihren Schutz zu gewährleisten.»
Was gilt im Job? Die Unia weiss Rat!
Kann mir meine Chefin das Maskentragen verbieten? Muss ich zur Arbeit, wenn mein Kind Covid hat und in Quarantäne ist? Die Haurucköffnung bringt für Arbeitende viele neue Fragen. Was gilt und was Ihre Rechte sind, weiss das regionale Unia-Sekretariat. Unzählige Fragen beantwortet die Unia auch online in ihrem Corona-FAQ: rebrand.ly/unia-corona.