Bärtschi-Post

Die Briefträgerin & der Quereinstieg

Katrin Bärtschi

Katrin Bärtschi ist Briefträgerin in Bern und Gewerkschafterin.

Kürzlich hörte die Briefträgerin wieder einmal einen Kollegen über die Quereinsteiger und -einsteigerinnen wettern. Dass sie von der Strasse kämen oder aus dem Haushalt und meinten, sie könnten einfach so Briefträger, Briefträgerin sein. Solches Geschimpfe erinnert die Briefträgerin unangenehm an die Zeit, wo sie selber so eine Dahergelaufene war. Damals, vor vierzehn Jahren, gab es noch weniger von denen, umso ärger waren diese wenigen aber dem Geschnöde und der Verachtung von Kol­legen, Kolleginnen und Vor­gesetzten ausgesetzt. Inzwischen hat die Briefträgerin ­einen Lehrabschluss, da gibt es nichts mehr zu kritteln. Und dank zunehmender Zahl Teilzeitarbeitender stehen auch diese nicht mehr so im Abseits wie damals. Es mag mehrere Gründe für das ablehnende Verhalten der Altgedienten geben. Ein engstirniger Berufsstolz, Angst vor der Billigkonkurrenz. Dabei ist der massive Lohnunterschied zwischen den einstigen Postbeamten und den heutigen Quereinsteigenden doch wohl eher ein Schaden für diese und nicht für jene.

Das eingangs erwähnte Gekeif war für die Briefträgerin Anlass, eine kleine, nichtrepräsentative Umfrage zu starten: «Was macht eine gute, richtige Briefträgerin oder einen ebensolchen Briefträger aus?»

«Was macht eine gute, richtige
Briefträgerin aus?»

SCHWER ZU SAGEN. «Dass sie oder er sich noch Zeit nimmt für die Leute und freundlich ist!» antwortete eine jüngere Kollegin ohne Zögern. «Das ist eigentlich fast das Wichtigste. Weiter korrektes Arbeiten und ein A-jour-Halten des Adressmanagements.» «Schwierig zu sagen», meinte ein älterer Kollege nachdenklich. «Vielleicht das Pflichtbewusstsein.» Ein Teamleader-Stv. sagte spontan: «Dass er oder sie über den Tellerrand hinausschaut. Punkto Betrieb, aber auch im Hinblick auf die Kolleginnen und Kollegen.» Ein Teamleader, grinsend: «Dass sie oder er dem Chef am Morgen einen Kaffee bringt.» Was der Spassvogel äusserte, kann hier nicht wiedergegeben werden, es entspricht nicht der Ausdrucksweise dieser Zeitung.

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