Pawel K. bekommt 25'000 Franken Taggelder nachbezahlt

«Ohne die Unia hätte ich das Geld wohl nie bekommen!»

Christian Egg

Weil Schreiner Pawel K. temporär angestellt ist, will die ­Firma fast kein Krankentaggeld aus­zahlen. Doch er wehrt sich – mit Erfolg!

Schreiner Pawel K. hat eingefordert, was ihm zusteht – als temporär Angestellter sind das bis zu 720 Tage Krankentaggeld. (Foto: Michael Schoch)

80 bis 120 Kilo wiegen die Brandschutztüren. Schreiner Pawel K.muss sie zusammen mit einem Kollegen in den fünften Stock des Neubaus schleppen, in dem er auf Montage arbeitet. Nicht eine. Sondern fünf pro Tag oder mehr.

Am 13. August 2020 passiert es. K. erinnert sich gut: «Ich habe die Tür gehoben, da machte es klack im Rücken, und nichts ging mehr.» Sofort verspürt er starke Schmerzen, bald ist das rechte Bein gelähmt. Bandscheibenvorfall! Ein Fall für die Krankentaggeldversicherung.

Pawel K. ist temporär angestellt. Zwei Wochen später läuft sein Vertrag aus. Sein Arbeitgeber, die Personalvermittlungsfirma Life Personal AG in Zürich, zahlt ihm deshalb zunächst nur gut 2500 Franken Krankentaggeld.

«Die Firma sagte, sie seien human – wie wenn die Zahlung ein Bonus wäre oder so.»

DER GAV IST EINDEUTIG

Doch das ist nicht korrekt. Temporärarbeitende haben Anspruch auf Taggeld, bis sie wieder gesund sind. Auch wenn der Vertrag vorher ausläuft. Während maximal 720 Tagen. So regelt es der Gesamtarbeitsvertrag Personalverleih, der für die Branche verbindlich ist.

Zwei Monate nach dem Unfall erhält Pawel K. plötzlich nochmals 2500 Franken von der Life Personal. Das habe ihn stutzig gemacht, sagt er: «Ich rief an, und sie sagten mir, sie seien human – wie wenn die Zahlung ein Bonus wäre oder so.» Danach ruft K. direkt bei der Ver­sicherung an – und erfährt: Sie hat der Life Personal für den September das volle Taggeld für K. überwiesen, gut 5000 Franken. Das belegt eine Abrechnung, die work vorliegt. Doch die Firma hat die Hälfte des Betrags selber eingesackt.

«Manche Personal­verleiher melden Fälle bewusst nicht bei der Versicherung an.»

FIRMA UNTER DRUCK

Nun wendet sich K. an die Unia. Und der Bschiss fliegt vollends auf. Denn Pawel K. bekam ab Oktober keinen Rappen mehr von der Life Personal. Obwohl er bis zu seiner Genesung Ende April dieses Jahres Anspruch auf Taggelder hatte. Unia-Rechtsberater Vadim Drozdov: «Insgesamt hat ihm die Firma über 25 000 Franken vorenthalten.»

Es stellt sich heraus: Die Life Personal hat die Arztzeugnisse von Pawel K. gar nie weitergeleitet. Drozdov: «Die Versicherung meinte deshalb, er sei schon wieder gesund.» Mehrmals fordert der Jurist Life Personal zum Handeln auf, aber nichts passiert. Die Firma reagiert erst, als er mit einer Betreibung droht. Nun erhält K. endlich die abgezweigten 2500 Franken von der Life Personal. Plus gut 23’000 Franken Taggelder direkt von der Versicherung.

Die Life Personal schreibt von einem «Fehler» und einem «Einzelfall». Sie nennt gleich drei Ursachen: den Lockdown ab letztem Dezember, einen Umzug der Firma im Frühjahr sowie die Versicherung, von der sie «den Entscheid relativ spät erhalten habe».

Für Kaj Rennenkampff, Leiter  des Vollzugs in der Branche, ist Pawel K. hingegen kein Einzelfall: «Manche Personalverleiher meinen, sie müssten keine Taggelder mehr zahlen, wenn der Einsatzvertrag ausläuft. Bei anderen gibt es eine Weisung von oben, Fälle nicht bei der Versicherung anzumelden.» Der Grund: Wenn eine Versicherung zahlen muss, kann sie im nächsten Jahr die Prämien erhöhen. Und das wollen die Temporärbüros vermeiden. Rennenkampff rät: «Betroffene nehmen am besten Kontakt mit der Unia auf.»

So wie es Pawel K. getan hat. Der sagt heute: «Ohne die Unterstützung der Unia hätte ich wohl nie bekommen, was mir zusteht!»

Pawel K.: der Pechvogel

Ende gut, alles gut? Leider nein! Jetzt, wo der Rücken wieder hält, stürzt Pawel K. vom Bänkli und bricht sich das Handgelenk. Ausgerechnet während des Fototermins mit work!

Fotograf Michael Schoch: «Pawel war voller Elan und kletterte im Garten auf die Rückenlehne des selber gezimmerten Möbels. Da kippt es nach hinten, er stützt sich mit der Hand ab, und es macht knacks!» Schoch ruft sofort eine Ambulanz, diese bringt den Pechvogel ins Spital.

NICHT ZUM ERSTEN MAL. Vor drei Jahren hatte K. zuerst das Knie kaputt, dann eine Hirnhautentzündung. Dann der Bandscheiben­vorfall während der Arbeit. Als Schreiner kann K. jetzt nicht mehr arbeiten. Aber er lässt sich zum Lastwagenchauffeur umschulen. Die Ausbildung habe er fast fertig, berichtet K.s Frau am Telefon. «Jetzt fehlen nur noch die Abschlussprüfungen.» Aber die kann er im Moment vergessen: Min­destens sechs Wochen darf er nicht ans Steuer. work wünscht gute Besserung!

1 Kommentar

  1. Goran Trujic

    Es zeigt wieder mal, wie wichtig eine Mitgliedschaft bei der Unia ist. Ohne eine starke Gewerkschaft im Rücken, wäre der Schreiner wohl leer ausgegangen. Mit der erhaltenen Entschädigung sind die Gewerkschaftsbeiträge für Jahrzehnte finanziert!!!

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