Riegers Europa

Europas Wirtschaft: Aufschwung in Sicht?

Andreas Rieger

Andreas Rieger

Die europäische Wirtschaft findet wieder Tritt. Für 2021 sind über vier Prozent Wachstum prognostiziert. Fünf in Italien, sechs gar in Spanien. Aber ein neuer Boom oder gar Wachstumszyklus ist dies noch nicht, vorerst nur eine Erholung. Die Leute gehen wieder in die Beizen, die vorher geschlossen waren. Auch für 2022 sehen die Prognosen vier Prozent Wachstum in der EU. Damit wäre der Corona-Absturz erst mal wieder ausgeglichen. Denn Spanien hatte zehn Prozent vom Bruttoinlandprodukt verloren, Italien neun.

Auch die Schweiz redet schon wieder vom Sparen.

ANKURBELUNGS-INVESTITIONEN. Für die 15 Millionen Arbeitslosen in Europa sieht die Lage ­düster aus. Mehr als zwei Millionen sind es in Italien, über drei Millionen in Spanien. Die ­Erholung der Wirtschaft von 2021 kann diese Arbeitslosigkeit kaum abbauen, da braucht es mehrere Jahre dazu und eine gute Politik.

Notwendig sind riesige Ankurbelungsinvestitionen, damit der jetzige «Aufschwung» kein Strohfeuer bleibt. Das 750-Milliarden-Paket der EU ist Teil davon. Ab jetzt können die Zahlungen ausgelöst werden, 2022 und 2023 werden sie wirksam. Die Gefahr ist allerdings, dass sie vor allem die Wiederbelebung der alten Wirtschaft fördern. Nur ein Teil der Investitionen geht in den ökologischen Umbau, weniger, als die EU-Kommission vorgesehen hatte. Zudem genügen die 750 Milliarden nicht. Das US-Investitionspaket von Joe Biden ist weit grösser. In der EU müssten die einzelnen Staaten von sich aus noch drauflegen. Deutschland macht dies mit weiteren Hunderten Milliarden. Viele andere – auch die Schweiz – sehen gar nichts vor. Sie reden schon wieder vom Sparen.

WAHNSINNS-SCHÄUBLE. 2008 crashten die Banken und provozierten die Krise der Finanzwirtschaft. Die Banken wurden von den Staaten ­gerettet. Flugs wurde die Krise dann von den ­Neoliberalen uminterpretiert in eine «Schuldenkrise» der Staaten. 2020 erlebten wir die Coronakrise, aus der wir dank Staatsmassnahmen nun rauskommen. Und was hören wir wieder? Vor der Türe stehe eine «Schulden-Pandemie». So warnt etwa der deutsche Spar-Ayatollah und Ex-Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU). Die Schuldenbremsen müssten umgehend wieder angezogen werden. Wahnsinn! Das hiesse mit dem linken Fuss auf die Bremse treten, während der rechte Gas gibt. Die bessere Lösung ist, die Steuern der Reichen und Multis zu erhöhen. Sie haben in der Pandemiezeit noch mehr an Speck zugelegt.

Andreas Rieger war Co-Präsident der Unia. Er ist in der europäischen Gewerkschafts­bewegung aktiv.

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