Waadt: Gericht bestätigt antigewerkschaftliche Kündigung

Skandal-Urteil gegen Gewerkschafter

Ralph Hug

Plötzlich erhielt Uhrenarbeiter Mickael Béday eine fristlose Kündigung. Sein Engagement als Gewerkschafter habe der Direktion nicht gefallen, sagt sein Anwalt.

GEWERKSCHAFTER BÉDAY: «Stoppt die antigewerkschaftlichen Kündigungen.» (Foto: Keystone)

Die Entlassung von Uhrenarbeiter Mickael Béday sei nicht missbräuchlich gewesen. Das hat jetzt das Gericht in Yverdon-les-Bains VD entschieden. Es nimmt damit den Patron der Uhrenfabrik Dubois & Dépraz aus dem Vallé de Joux in Schutz. Die Begründung ist noch nicht bekannt.

Zur Erinnerung: Mitte Februar stand der Chef der Uhrenfabrik Dubois & Dépraz aus dem Vallé de Joux vor Gericht. Er hatte im Juni 2019 den jungen Uhrenarbeiter Mickael Béday fristlos vor die Türe gestellt. Die Unia hatte sofort protestiert. Denn Béday ist ein aktiver Gewerkschafter. Im Betrieb setzte er sich dafür ein, dass der Gesamtarbeitsvertrag (GAV) der Uhrenindustrie eingehalten wird. Sogar der heutige Gewerkschaftsbundspräsident Pierre-Yves Maillard war dem geschassten Kollegen zu Hilfe geeilt. «Es darf nicht länger sein, dass Gewerkschafter wegen ihres Engagements in missbräuchlicher Art entlassen werden», kritisierte er an einer Kundgebung vor den Toren des Betriebs.

Bédays Entlassung steht im klaren Widerspruch zum Uhrenindustrie-GAV.

UNTER DRUCK

Béday hatte die Kündigung mit Hilfe der Unia als missbräuchlich angefochten. Für die Gewerkschaft ist klar, dass er wegen seiner Aktivitäten zugunsten der Rechte der Mitarbeitenden auf die Strasse gestellt wurde. Bédays Verteidiger sagte vor Gericht: «Sein gewerkschaftliches Engagement hat der Direktion nicht gefallen.» Doch wie so oft in solchen Fällen streitet der Patron dies ab. Er schiebt vielmehr Fehler vor, die Béday bei der Arbeit gemacht habe. So habe er Kontrollen vorgetäuscht. Béday räumt ein Missgeschick infolge Unaufmerksamkeit ein. Das sei aber überhaupt kein Grund für eine Entlassung und schon gar nicht für eine fristlose. Andere, denen das auch passiert sei, hätten keine Kündigung erhalten.

Bédays Kündigung steht im klaren Widerspruch zum GAV der Uhrenindustrie. Der hält nämlich fest, dass Unstimmigkeiten vor einer Massnahme besprochen werden müssten. Béday aber hatte nur eine Abmahnung erhalten. Vor Gericht sagte Béday, er sei seit 2013 im Betrieb tätig. Der Druck gegen ihn habe erst begonnen, als er sich mit Erfolg für die Einhaltung des GAV starkgemacht habe. Auch habe er im Mitarbeitergespräch für seine Arbeit gute Noten erhalten.

DER UNIA-APPELL

Bédays Verteidiger hat jetzt ein schriftliches Urteil verlangt. Aller Voraussicht nach landet der Fall bald vor dem Kantonsgericht als zweiter Instanz. Vor der Verhandlung hatte die Unia einen Appell lanciert: «Stoppt die antigewerkschaftlichen Kündigungen.» Mickael Béday sei aus fadenscheinigen Gründen auf die Strasse gestellt worden, seine Entlassung ein Frontalangriff auf die Versammlungsfreiheit.

Schweiz: Noch immer auf der schwarzen Liste

Seit bald zwei Jahren läuft vor der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) in Genf
ein Vermittlungsverfahren ­zwischen dem Arbeitgeber­verband und dem Gewerkschaftsbund.

MEHR SCHUTZ. Die ILO hatte die Schweiz auf eine schwarze Liste gesetzt, weil sie die ­Arbeitnehmerrechte nur ungenügend schützt. Streitpunkt sind antigewerkschaftliche Kündigungen wie jene von Mickael ­Béday (siehe Text links). Die Uno-Organisation verlangt ­einen besseren Schutz für Arbeitnehmer­vertreterinnen und -vertreter gemäss der ­Konvention Nr. 98. Doch ­dagegen wehren sich die ­Arbeitgeber mit Händen und Füssen. Sie wollen keinen stärkeren Kündigungsschutz.

Steinegger. Letztes Jahr ­setzten die Parteien alt FDP-Politiker Franz Steinegger als Mediator ein. Doch die Pandemie bremste das Verfahren. Jetzt macht der Gewerkschaftsbund Dampf. Luca ­Cirigliano vom SGB sagt: «Wir haben Steinegger in einem Brief aufgefordert, vorwärts­zumachen.»

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