AHV-Abbau-Debatte: 314'187 Frauen und Männer sagen «Stop!»

Frauenrenten: «Hände weg!»

Clemens Studer

314’187 Menschen unterschrieben innert kürzester Zeit einen Appell gegen einen weiteren Rentenklau an den Frauen. Die rechte Ständeratsmehrheit pfeift darauf.

UNIA-PRÄSIDENTIN VANIA ALLEVA BEI DER ÜBERGABE DES AHV-APPELLS: «Wer sein ganzes Leben lang gearbeitet hat, verdient eine Rente, die zum Leben reicht. Das gilt auch für Frauen!» (Foto: Yoshiko Kusano)

Jetzt reicht es den Frauen – und sie setzen ein starkes Zeichen: 314’187 Menschen unterschrieben innert weniger Wochen den offenen Brief «Hände weg von den Frauenrenten!» In so kurzer Zeit wurden in der Schweiz noch nie so viele Unterschriften online gesammelt. Der Appell wurde von den Gewerkschaften lanciert und am 15. März der Bundeskanzlei übergeben. Bei der Übergabe der Unterschriften sagte Unia-Präsidentin Vania Alleva: «Wer sein ganzes Leben lang gearbeitet hat, verdient eine Rente, die zum Leben reicht. Das gilt auch für Frauen, das ist heute noch nicht der Fall!» Und SP-Co-Präsidentin Mattea Meyer ergänzte: «Altersarmut ist oft weiblich. Es braucht jetzt höhere AHV-Renten und sicher keinen Rentenabbau.»

Die Gewerkschaften werden gegen eine AHV-Abbau­vorlage das Referendum ergreifen.

RENTENENKLAU AN FRAUEN

Doch genau das will die rechte Mehrheit im Ständerat. In den nächsten Jahren braucht die AHV vorübergehend mehr Geld, weil die geburtenstarken Jahrgänge ins Pensionsalter kommen. Das nehmen die rechten Parteien einmal mehr zum Anlass, die AHV frontal anzugreifen. Sie schreien «Sanierung» und meinen Abbau. Statt der auch schon mickrigen 700 Millionen Franken zur Abmilderung der Frauenrentenkürzung, wollen sie nur 430 Millionen sprechen. Der Hintergrund: Die AHV ist das wichtigste Sozialwerk der Schweiz. Weil es im soliden, preiswerten und solidarischen Umlageverfahren finanziert ist. Ohne teure Umwege über das Finanzcasino. Und weil Grossverdiener mehr bezahlen, als sie bekommen. Eine saubere Sache also. Doch den Banken und Versicherungen und den von ihnen finanzierten rechten Parteien von jeher ein Dorn im Auge.

VERFASSUNGSWIDRIG

Die Erhöhung des Frauenrentenalters unter dem «Aspekt Gleichberechtigung» ist eine beliebte Taktik gerade jener Parteien, die sich sonst mit Händen und Füssen gegen Gleichstellungsanliegen wehren. Dabei wäre das Gegenteil eines weiteren Frauenrentenabbaus angesagt: Frauen erhalten bereits heute rund einen Drittel weniger Rente als die Männer – auch weil sie während ihres Erwerbslebens benachteiligt sind. Im Schnitt verdienen Frauen für vergleichbare Arbeit rund 20 Prozent weniger. Das widerspricht der Verfassung. Aber weil die Schweiz kein Verfassungsgericht hat, foutiert sich die rechte Parlamentsmehrheit seit Jahrzehnten darum. Die Vertreterinnen und Vertreter der rechten Parteien im Ständerat setzen sich über den kraftvollen und breit abgestützten Gewerkschaftsappell hinweg. Und folgen im wesentlichen den Vorschlägen ihrer vorberatenden Kommission. Das heisst: das Frauenrentenalter soll erhöht werden. Die Kompensation wird weiter gesenkt. Konkret: Die bereits mickrigen 700 Millionen Franken, die der Bundesrat vorschlägt, sollen auf 430 Millionen jährlich weiter gedrückt werden.

Das Geschäft geht jetzt in den Nationalrat. Bereits jetzt ist klar, dass die Gewerkschaften gegen eine AHV-Abbauvorlage das Referendum ergreifen werden.

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