Ratgeber

Alkohol und Drogen am Arbeitsplatz: Bei Suff und Kiff ist fertig lustig

Martin Jakob

Bier auf dem Bau? Das war einmal. In der Arbeitswelt von heute geht es nüchtern zu. Die Firma darf dazu auch Regeln vorgeben, solange diese ­der Sicherheit dienen.

GENUSS ODER SUCHT? Wer während der Arbeit zecht, riskiert den Job, auch wenn Trinken allein zur Kündigung nicht reicht. (Foto: 123F)

Wie halten Sie es mit dem Alkohol? Nur 11 Prozent der Männer und 17 Prozent der Frauen in der Schweiz leben abstinent. Der grosse Rest schaut bei Gelegenheit ins Glas. 15 Prozent der Männer und 7 Prozent der Frauen tun es sogar täglich, und rund ein Viertel der Bevölkerung – vor allem in der Altersgruppe der 15- bis 34jährigen – trinkt mindestens einmal pro Monat so viel, dass der Konsum ins Kapitel «Rauschtrinken» fällt. Das alles ist erlaubt, auch wenn es der Gesundheit schaden mag, und bleibt so lange Privatsache, als daraus nicht Gefahren und Nachteile für andere entstehen.

Vielleicht bedeuten Ihnen Bier, Wein und Schnaps nicht viel, dafür stehen Sie auf Cannabis: Vier Prozent der Schweizer Bevölkerung sagen, sie hätten in den letzten dreissig Tagen mindestens einmal Hanfprodukte konsumiert. Ihr Besitz und ihr Konsum ist in der Schweiz grundsätzlich verboten. Wer beim Paffen eines Joints erwischt wird, zahlt eine Busse von 100 Franken und muss den Stoff, den er zum Eigengebrauch bei sich trägt, den Gesetzeshütern übergeben. Bei Mengen über 10 Gramm müssen Sie mit einem Strafbefehl rechnen.

So oder so hat die Konsumfreiheit Grenzen. Bekannt: die Strafen, die Ihnen drohen, wenn Sie mit Drogen oder Alkohol im Blut ein Fahrzeug lenken. «FiaZ» (Fahren in angetrunkenem Zustand) führt jedes Jahr zu 13’000 Führerausweisentzügen, wegen Fahren unter Drogeneinfluss sind es etwa 4500.

Im Gegensatz zum Autofahren ist Arbeiten unter Suchtmittel­einfluss kein Offizialdelikt – zumindest, solange dabei kein ­Schaden entsteht. Dennoch gibt es ­Einschränkungen. Die wichtigste steht in der Verordnung über die Unfallverhütung: «Der Arbeitnehmer darf sich nicht in einen Zustand versetzen, in dem er sich selbst oder andere Arbeitnehmer gefährdet. Dies gilt insbesondere für den Genuss alkoholischer ­Getränke oder von anderen berauschenden Mitteln.» Die Firma ­ihrerseits muss gemäss dieser Verordnung ihre Mitarbeitenden über Gefahren informieren und dafür sorgen, dass sie die Massnahmen der Arbeitssicherheit einhalten. Welche konkreten Rechte und Pflichten entstehen nun aus diesen Vorgaben – und welche nicht?

15 Prozent der Männer und 7 Prozent der Frauen trinken täglich Alkohol.

VERBIETEN IST ERLAUBT

Die Firma darf den Konsum alkoholischer Getränke am Arbeitsplatz und auf dem ganzen Betriebsgelände verbieten. So steht es in der Verordnung 3 zum Arbeitsgesetz. Das darf dann auch für die Pausen gelten. Andere ­Drogen sind nicht erwähnt, aber natürlich auch gemeint, da von Gesetzes wegen eh verboten. Beschränkt darf die Firma auch Vorschriften machen, was das Trinken vor Arbeitsbeginn oder in ­extern verbrachten Pausen betrifft: Nur Personen, bei denen aus Sicherheitsgründen der Verzicht auf Rauschmittel besonders wichtig ist, dürfen verpflichtet werden, schon vor Arbeitsbeginn und während der Pausen ganz auf Alkohol zu verzichten. Gemeint sind etwa Chauffeure oder Lokführerinnen.

Wenn wir schon bei den Süchten sind: Jede Firma kann ein Rauchverbot für alle Arbeitsräume erlassen, auch fürs Einzelbüro, Gemeinschaftsräume und sogar für das Firmengelände. Den Rauchern bleibt dann oft nur eine schäbige Raucherecke. Dennoch darf die Firma das Rauchen nicht grundsätzlich verbieten. Wer ­allerdings zusätzliche Auszeiten nimmt, um zu rauchen, muss sich gefallen lassen, dass diese Zigarettenpausen von der Arbeitszeit abgezogen werden.

KEIN TESTZWANG

Die Firma darf den Suchtmittelkonsum am Arbeitsplatz verbieten. Aber zu Alkohol- oder Drogentests zwingen darf sie niemanden. Klar verboten sind serielle Drogentests, wie sie etwa der Basler Pharmakonzern Roche einmal für alle anordnen wollte, die sich um eine Lehrstelle bewarben (siehe auch Text rechts). Präventive Tests können zwar vertraglich vereinbart werden, aber auch dann kann die betroffene Person im konkreten Fall ihre Zustimmung verweigern.

Alkohol- oder Drogensucht sind auch arbeits-rechtlich Krankheiten.

EINSCHREITEN IST PFLICHT

Verhält sich jemand am Arbeitsplatz so, dass die Firma vermuten muss, er oder sie stehe unter Alkohol- oder Drogeneinfluss, müssen die Vorgesetzten abwägen. Scheint die Sicherheit gefährdet, ist sofortiges Einschreiten Pflicht. Dann muss die Firma die betroffene Person entweder mit einer Arbeit ohne Sicherheitsgefährdung beschäftigen oder zur Ausnüchterung nach Hause schicken. Zeigt jemand wiederholt Symptome eines Suchtverhaltens und lässt in der Leistung nach, ist ein Mitarbeitergespräch fällig (siehe work Tipp).

DAS BRAUCHT’S ZUR KÜNDIGUNG

Alkohol- und Drogensucht haben viele Ausprägungen: Gewohnheitstrinkerinnen und -trinker zum ­Beispiel können am Arbeitsplatz durchaus zufriedenstellende Leistungen erbringen. Eine Kündigung nur deshalb, «weil Sie regelmässig zu viel trinken», ist daher missbräuchlich. Kommen aber Leistungsdefizite hinzu, die in der Kündigung auch angeführt werden, ist die Kündigung schwerlich anfechtbar. Ist die Person im Betrieb sogar schon ausfällig geworden und hat Kolleginnen oder ­Kollegen bedroht, kann die Kündigung mit der Sorgfaltspflicht der Firma gegenüber den anderen Mitarbeitenden begründet werden. In jedem Fall gilt aber: Alkohol- oder Drogensucht ist eine Krankheit. Wird sie als solche diagnostiziert, gilt der bei Krankheit übliche Kündigungsschutz, und die Firma sollte die betroffene Person nach der Rückkehr aus der Entwöhnung darin unterstützen, in einen suchtfreien Alltag zurückzufinden.

workTipp: Diplomatisch bleiben

Wegschauen löst das Problem nicht: Vermuten Sie bei einem ­Kollegen oder einer Kollegin ein ­Alkoholproblem, sollten Sie das Gespräch suchen, dabei aber ­nicht mit der Tür ins Haus fallen. Oft gestehen Betroffene sich selber ihr Suchtverhalten ungern ein und reagieren erbost auf eine ­direkte Ansprache. Welche Möglichkeiten es gibt, das Thema di­plomatisch anzugehen, beschreibt www.­alkoholkonsum.ch, eine Website von Sucht Schweiz.


Drogentest in der LehreHohe Hürden

Der Lehrbetrieb darf keine Tests zum Nachweis von Drogenkonsum durch­führen. Auch nicht als Bedingung, damit Sie die Lehrstelle erhalten. Drogentests sind nur erlaubt, wenn ein Sicherheitsrisiko für Sie oder andere Angestellte ­besteht. Doch auch dann müssen Sie persönlich ­informiert und gefragt werden. Sie haben das Recht, den Test zu verweigern. Der Lehrbetrieb kann Ihnen deswegen nur kündigen, wenn er ein Risiko nachweisen kann. Wird mit Ihrem Ein­verständnis ein Test durchgeführt, fällt das Ergebnis unter das Arztgeheimnis. Die Ärztin gibt nur eine Empfehlung ab, ob Sie für die Ausbildung geeignet sind oder sie weiterführen können. Wenn sich der Lehrbetrieb nicht an das Testverbot hält, informieren Sie die Gewerkschaft.

BERATUNG. Wenn Drogenkonsum aller Art während der Ausbildung zu Schwierigkeiten führt, benötigen Sie Unterstützung einer Beratungsstelle (zum Beispiel www.safezone.ch). Solche Stellen sind zur Verschwie-genheit verpflichtet und dürfen ohne Ihre Einwilligung keine Auskünfte geben.

BESSER INFORMIERT. Alles über Ihre Rechte in der ­Lehre finden Sie auf www.rechte-der-lernenden.ch, dem Ratgeber der Gewerkschaftsjugend.

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