Bau-Verhandlungen in der dritten Runde gescheitert

Aber immerhin: Der Lohn bleibt!

Johannes Supe

Sie haben es probiert: Der Schweizerische Baumeisterverband wollte die Gehälter auf dem Bau senken. Und lief ins Leere. Eine kleine Chronik des Seilziehens.

CHRAMPFEN TROTZ CORONA: Bauarbeiter bei Sanierungsarbeiten am Saaneviadukt
zwischen Bern und Neuenburg, Juli 2020. (Foto: Keystone)

Endlich gibt es ein Ergebnis: Nämlich keines. «Verhandlungen über Baulöhne gescheitert», halten die Gewerkschaften Unia und Syna in einer aktuellen Medienmitteilung fest. Und dokumentieren damit, dass der Schweizerische Baumeisterverband (SBV) b zuletzt auf seiner Position verharrte: die Löhne im Bauhauptgewerbe nach unten drücken zu wollen. Nun ist das Ringen darum vorbei. Nach zwei Monaten steht fest: Die Gehälter werden nicht sinken.

FREITAG, 28. AUGUST

Die jährlichen Lohnverhandlungen im Bauhauptgewerbe sind ein stets wiederkehrendes Ritual. Am 28. August, dem Auftakt der diesjährigen Runde, deutete nichts auf grössere Besonderheiten hin. Im Vergleich mit anderen Branchen kam der Bau gut durch die Coronakrise. Teils müssen die Bauarbeiter gar Überstunden schieben, um angefallene Verzögerungen wieder auszugleichen. Entsprechend verlangen Nico Lutz, Bauchef der Unia, und die von ihm geleitete Verhandlungsdelegation 100 Franken mehr Lohn plus eine Erhöhung der Mittagszulage.

In den drei Stunden Verhandlung, die dann folgen, wird daraus nichts. Die Baumeister um Direktor Benedikt Koch blocken ab. Zwar habe man die Krise bislang meistern können, doch sehe es in naher Zukunft weniger gut aus. So weit, so üblich. Niemanden überrascht, dass die Meister das Klagelied der schlechten Zeiten singen, wenn Lohnerhöhungen verlangt werden.

«Das ist ein unbefriedigendes
­Ergebnis!»

MITTWOCH, 23. SEPTEMBER

Um eine Annäherung zu ermöglichen, senken die Gewerkschaften in der zweiten Runde ihre Forderung auf 60 Franken für alle. Eine Bombe zünden hingegen die Baumeister. Plötzlich sprechen sie von Lohnkürzungen. Angeblich habe sich die Konjunktur auf dem Bau in kurzer Zeit deutlich verschlechtert. Unia-Bauchef Lutz erinnert sich: «Wir haben gedacht, dass das nicht ihr Ernst sein kann. Aber der Baumeisterverband hat darauf bestanden, diese Diskussion zu führen.» Der Ton in den Gesprächen wird härter. Anregungen für eine Würdigung der Bauarbeiter, die während der Coronazeit durchgearbeitet haben, wehren die Baumeister ab. Nach dem Motto: «Wir applaudieren schon, aber dafür kürzen wir die Löhne.»

Um wie viel genau, erklärt der SBV nicht. Immer wieder betonen die Baumeister aber eine prognostizierte negative Teuerung von bis zu 0,9 Prozent. Wollen sie also den Arbeitern Geld in gleicher Höhe nehmen? Das wären bis zu 60 Franken im Monat.

Noch in den Verhandlungen kündigt die Unia an, dass sich die Gewerkschaften keinesfalls auf die Kürzungspläne einlassen würden. Und: Ohne Unterschrift der Unia sind dem SBV die Hände gebunden, denn die Lohnansprüche sind in einem Vertrag mit der Gewerkschaft festgeschrieben. Der Presse erklärt SBV-Direktor Koch dennoch, dass man über Lohnsenkungen sprechen wolle.

MITTWOCH, 28. OKTOBER

Vor den dritten Verhandlungen distanziert sich plötzlich der Bauriese Marti im «Blick» von seinem Verband: «Wir werden sicher keine generellen Lohnsenkungen vornehmen.» Mit den Lohnkürzungsdrohungen des SBV unzufrieden sind zudem regionale Baumeisterverbände in der Westschweiz. Sie fürchten Unruhe durch das Vor­preschen der Hardliner rund um ­Direktor Koch. Und auf den Baustellen entwickelt sich eine Stellungnahme des SBV zur Lachnummer. Ihr Titel: «Auch die Angestellten leiden unter den Auswirkungen zu hoher Mindestlöhne». Mehr Lohn bedeute weniger Arbeitsplätze, behaupten die Baumeister unter Verweis auf eine Studie der Tessiner Uni. Dass diese in Wirklichkeit aber die Auswirkungen der Personenfreizügigkeit untersucht und zu sehr gemischten Ergebnissen kommt, erwähnt der Verband nicht.

In der dritten Runde geht es dann schnell. Erneut weist die Unia die Kürzungspläne des SBV zurück. Nach zwei Stunden ist Schluss. Die Gespräche werden für gescheitert erklärt; die Löhne bleiben, wie sie sind. Immerhin! Zwar habe man einen Abbau verhindert, resümiert Unia-Bauchef Lutz, doch hätten sich die Arbeiter eine Lohnerhöhung verdient: «Das ist ein unbefriedigendes Ergebnis.» So steige abermals der Nachholbedarf bei den Gehältern. Doch Lutz weiss auch: «Das Klima wird rauher. Wir müssen uns auf harte Auseinandersetzungen vorbereiten.» Die könnten schon 2021 bevorstehen – bei der nächsten Lohnverhandlung.


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