Billig-Lieferservice

Migros muss ihre Amigos anstellen

Christian Egg

Die Migros darf Lieferanten und Lieferantinnen des Onlineshops Amigos nicht mehr als Selbständige behandeln. Der orange Riese sagt aber nicht, ob und wann er die Amigos anstellen will.

KATZE AUS DEM SACK: Der orange Riese verkauft seinen Lieferdienst Amigos als sozial, dabei geht
es um eiskalten Plattform-Kapitalismus. (Foto: work)

Sie verdienen gerade einmal 7 Franken 90 für die erste Einkaufstasche, die sie liefern. Und 2 Franken für jede weitere: die «Bringerinnen und Bringer» des Migros-Onlineshops Amigos, eines Pilotprojekts des orangen Riesen in den Kantonen Bern und Zürich. Nicht Profis liefern die Einkäufe aus, sondern normale Migros-Kundinnen und -Kunden (work berichtete). Jetzt ist klar: Das geht so nicht. Die Migros muss die Lieferantinnen und Lieferanten als Angestellte behandeln und nicht etwa als Selbständige. Zu diesem Schluss kommt die Ausgleichskasse des Kantons Zürich. Dies berichtete kürzlich die «Sonntagszeitung» mit Verweis auf einen Brief der Ausgleichskasse an einen Bringer, der sich als Selbständiger anmelden wollte.

«Amigos erinnert an den Dumping-Taxidienst Uber.»

AHV GIBT’S NICHT

Das heisst: Die Migros muss für die Bringerinnen Beiträge an die AHV und die anderen Sozialversicherungen zahlen. Und zwar in zwei Fällen: Wenn der Jahresverdienst 2300 Franken übersteigt. Und schon vorher, wenn dies ein Lieferant oder eine Lieferantin ausdrücklich wünscht.

Zuständig ist die Migros-Ausgleichskasse. Diese muss sicher­stellen, dass die Migros die AHV-­Beiträge überweist, wenn einer der ­beiden Fälle eintrifft. Wie sie das tun will, verrät sie work nicht. Sie schreibt nur, sie kontrolliere die angeschlossenen Firmen «in der Regel alle 4 Jahre». Die rechtliche Stellung der Amigos sei zudem «bis heute nicht abschliessend geklärt».

MIGROS SPIELT AUF ZEIT

Eine Einstufung der Bringerinnen und Bringer als Angestellte heisst aber auch: Die Migros muss sie gegen Unfälle versichern. Und zwar schon ab dem ersten Franken. Auch das hat die Migros bisher nicht getan. ­Migros-Sprecher Patrick Stöpper schreibt, man sei derzeit an einer «Weiterentwicklung» von Amigos. Das sei «ein komplexer Prozess, welcher Zeit in Anspruch nimmt».

Nur: Diese Weiterentwicklung hatte die Migros schon im vergangenen März angekündigt. Passiert ist nichts. Anne Rubin, Chefin Detailhandel bei der Unia, kritisiert: «Die Migros nützt es aus, dass die Behörden bisher nicht eingeschritten sind. Das erinnert an den Dumping-Taxidienst Uber.» In der Zwischenzeit seien die Bringer weiter mit einem Mini-Verdienst unterwegs, ohne AHV und ohne Unfallversicherung.


Weitere Artikel zum Thema:

1 Kommentar

  1. Fritz Gebhard

    Ich gehöre selber zur Corona-Riskogruppe und bin damit auf einen Lieferservice für Lebensmittel angewiesen. Aber wie die meisten Rentner bin ich finanziell in der Lage, Mitarbeiter einer solchen Dienstleistung gerecht zu bezahlen. Ich verstehe nicht, weshalb es für die Grossverteiler nicht möglich ist, innert nützlicher Frist einen solchen Service aufzuziehen, für den eine grsse Nachfrage besteht.

Schreibe einen Kommentar

Bitte fülle alle mit * gekennzeichneten Felder aus.