Hirslanden stellt Reinigungsfachfrauen auf die Strasse

Null Verständnis bei den Chefs

Christian Egg

In der Hirslanden-Klinik Permanence in Bern soll das Putzpersonal fast rund um die Uhr einsatzbereit sein. Wer das nicht will, wird geschasst.

NACH 22 UND 13 JAHREN VOR DIE TÜR GESETZT: Kathrin Grünig (links) und Dragana T. vor der Hirslanden-Klinik in Bern Bümpliz. (Foto: Matthias Luggen)

Seit 13 Jahren putzt Dragana T. (41) in der Hirslanden-Klinik Permanence in Bern die Zimmer. Sie arbeitet 70 Prozent, immer montags und mittwochs schaut sie zu ihren zwei Teenagern und der zweijährigen Tochter.

NULL VERSTÄNDNIS

Doch im Januar teilte Hirslanden allen Teilzeit-Putzkräften mit: Man könne keine Rücksicht mehr nehmen auf Betreuungspflichten. Fixe Tage oder andere Sonderwünsche seien nicht mehr möglich. Für Dragana T. ein Problem: Zwar hat sie für die Kinder eine Tagesmutter organisiert, wenn sie arbeitet. Aber die hat am Montag und Mittwoch eine andere Verpflichtung. T. geht es deshalb wie vielen Eltern: «Rund um die Uhr flexibel, das geht mit Kindern nicht.» Doch die Chefin habe dafür «null Verständnis» gehabt, sagt T. Sondern den sieben Teilzeit-Putzkräften eine Änderungskündigung ausgesprochen: Sie können einen neuen Arbeitsvertrag unterschreiben, laut dem sie für jeden Dienst zur Verfügung stehen müssen. Oder sie können gehen.

«Ich hätte nur geben müssen und nichts bekommen.»

Auch Kathrin Grünig (62) bekam eine Änderungskündigung. Nach mehreren Operationen ist sie gesundheitlich angeschlagen, bekommt eine Teilrente der IV. Trotzdem hat sie 50 Prozent in der Permanence-Klinik geputzt, jeden Tag von 6 bis kurz nach 10 Uhr. Das habe die Chefin nicht mehr akzeptieren wollen, sagt Grünig. Neu hätte sie auch die Abend-Putzschicht im Operationssaal übernehmen müssen. Diese beginnt um 17 Uhr und dauert bis spät in die Nacht. Grünig: «Einmal musste eine Kollegin dort bis 4 Uhr morgens arbeiten.» Für Grünig wäre das «der Horror»: Sie hätte in der Nacht mit dem Auto heimfahren müssen. Doch seit sie vor ein paar Jahren am Auge operiert wurde, fühlt sie sich dabei unsicher. Sie sagt: «Ich riskiere doch nicht mein Leben für die Bude!»

Auch sie stiess auf null Verständnis bei den Vorgesetzten. «Der Direktor sagte mir: Frau Grünig, es ist immer ein Geben und Nehmen.» Ausgerechnet ihr, die seit 22 Jahren bei Hirslanden arbeitet, 2100 Franken im Monat verdient und seit Jahren keine Lohnerhöhung mehr bekommen hat. «Ich hätte nur geben müssen und nichts bekommen», sagt Grünig. In der Permanence Bern haben sechs der sieben betroffenen Putzleute die neuen Arbeitsverträge nicht unterschrieben. Dragana T. sucht jetzt eine Stelle, Kathrin Grünig lässt sich frühpensionieren. Sie sagt: «So hatte ich mir das Ende nicht vorgestellt.» Eine Hirslanden-Sprecherin schreibt work, man sei «immer» an einer Lösung interessiert gewesen. Sie bedaure es «sehr», dass keine Einigung erzielt werden konnte.

EIN MILLIARDÄR IM HINTERGRUND

Zur Hirslanden-Gruppe (Sitz in Zürich, gut 10’000 Mitarbeitende) gehören schweizweit 18 Kliniken. Die Gruppe gehörte zuerst der UBS, wurde zweimal verkauft und ist heute Teil des internationalen Konzerns Mediclinic. Im abgelaufenen Geschäftsjahr hat Hirslanden die Kosten bereits um 21 Millionen gesenkt. Doch das ist nicht genug. Mediclinic-Besitzer Johann Rupert (fünftreichster Mensch auf dem afrikanischen Kontinent) will noch mehr Profit. Der südafrikanische Milliardär ist auch Chef und Mehrheitsaktionär des Schweizer Luxusgüterkonzerns Richemont (Cartier, Montblanc, IWC) und hält einen Vier-Milliarden-Anteil an British American Tobacco.

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