1x1 der Wirtschaft

Steuern: Multis rechnen sich unrentabel

David Gallusser

Grosse Konzerne wie Apple, Shell oder Novartis sind multinational organisiert. Sie besitzen Niederlassungen auf der ganzen Welt. Ihr länderübergreifendes Netz nützen sie, um Gewinnsteuern zu umgehen. Sie verschieben Gewinne, die sie in Normalsteuerländern erzielen, in Länder, wo sie kaum Steuern auf Gewinne zahlen müssen. Das können sie tun, indem sie Tochtergesellschaften in Normalsteuerländern veranlassen, bei Niederlassungen in Steuer­oasen für teures Geld Kredite, Managementdienstleistungen, Markenrechte oder patentiertes Wissen zu beziehen.

(Quelle: Tørsløv, Wier und Zucman (2018), gabriel-zucman.eu/missingprofits)

GEWINNUNTERSCHIEDE. Auch beliebt ist es, Waren von Normalsteuerländern zu tiefen Preisen firmenintern in Steueroasen zu verkaufen. Der Effekt ist immer derselbe: In Steueroasen erscheinen Multis als hochprofitabel, in Normalsteuerländern als unrentabel. Obwohl Multis, unabhängig, wo sie auf der Welt sind, ähnlich produzieren wie lokale Firmen und entsprechend überall ähnlich profitabel sein müssten. Das zeigt sich exemplarisch in der Schweiz und in Deutschland. In der Schweiz, einer der grössten Steuer­oasen auf der Welt, verbuchen Tochterunternehmen von ausländischen Multis («ausländisch kontrollierte Firmen») riesige Gewinne (vgl. Grafik). Auf jeden Franken Lohn, den Multis hierzulande zahlen, waren es 2015 mehr als 3 Franken Gewinn. Das ist viel mehr als die 11 Rappen Gewinn, die inländische Firmen auf jeden Franken Lohn im gleichen Jahr erzielten. Umgekehrt im Normalsteuerland Deutschland. Hier erwirtschafteten inländische ­Firmen 51 Rappen und Multis an­geblich bloss 18 Rappen.

UMVERTEILUNG. Die Steuervermeidungspraktiken der Konzerne nützten vor allem den Reichsten. Als Aktionäre oder Manager der Multis profitieren sie am stärksten von den kaum durch Steuern geschmälerten Gewinnen, die an sie ausgeschüttet werden. Zu den Profiteuren gehören auch die Steuer­oasen. Sie erhalten Steuereinnahmen auf Gewinnen, die eigentlich nicht in ­ihrem Land erwirtschaftet worden sind. Die zusätzlichen Einnahmen gehen entsprechend auf Kosten der Normalsteuerländer. Jeder zusätzliche Franken Steuerertrag in den Steueroasen vernichtet 5 Franken Ertrag in einem Normalsteuerland. Das ist Geld, das nicht nur bei unseren Nachbarn, sondern auch in den ärmsten Ländern der Welt für Bildung, öffentliche Gesundheit oder Investitionen in die Zukunft fehlt.

David Gallusser ist Ökonom und Unia-Mitglied.

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