Verhandlungen CH – EU: Wer hat’s verbockt?

Andreas Rieger

Wer hat das Rahmenabkommen zwischen der Schweiz und der EU vermasselt? Das wird die Frage sein, sollten die Verhandlungen für den wünschenswerten Staatsvertrag nun auf Eis gelegt werden. War es Paul Rechsteiner, der «sture» Gewerkschafter, wie viele Medien jetzt behaupten? Nein, denn er hat nur einen schlechten Deal verhindert, der den Lohnschutz abbauen wollte. Einen Deal, der überdies an der Urne gescheitert wäre.

POKER UND FAKE. Verbockt haben es andere: Stefan Brupbacher, FDP-Generalsekretär und Strippenzieher von Bundesrat Johann Schneider-Ammann. Bundesrat ­Ignazio Cassis, der «Praktikant» im Aussendepartement. Und Roberto Balzaretti, der flunkernde Chefunterhändler. Sie alle wussten, dass gegen Ende der Verhandlungen zwei oder drei Knacknüsse übrigbleiben würden. Ihr Poker: Wir geben beim Lohnschutz nach, dann wird die EU auch zurückkrebsen. In der Öffentlichkeit begannen sie die Acht-Tage-Regelung schlecht­zureden. Hintenrum verbreiteten sie die Lüge, die Gewerkschaften würden sich am Lohnschutz bereichern. In vertraulichen Gesprächen log Balzaretti, alle Differenzen mit der EU seien ausgeräumt, die Schweiz müsse nur noch beim Lohnschutz nachgeben. Das glaubten ihm sogar einige gutgläubige Genossen der SP Schweiz. Nun ist der Fake aufgeflogen, es liegen nach wie vor mehrere Knacknüsse auf dem Tisch.

Verbockt haben es Cassis, Brupbacher & Co.

NEBELPEDARDEN. Verbockt haben es auch die Verhandler der EU. Sie liessen sich von süddeutschen Patrons einspannen, die sich bei Aufträgen in der Schweiz über die Kontrollen und Strafen ärgern. Kunststück, bei einem von drei Aufträgen werden sie bei Regelverletzungen erwischt! Nun behaupten diese Patrons, der Schweizer Lohnschutz sei unverhältnismässig und verletze EU-Regeln. Ihr Anwalt, der CDUler Andreas Schwab, plappert gar die Lüge über die sich bereichernden Gewerkschaften nach. Aber das alles sind Nebelpetarden. Unverhältnismässig sind nicht die Kontrollen, es ist das häufige Dumping durch die Patrons. Der Europäische Gewerkschaftsbund zeigt Punkt für Punkt auf (Details auf: rebrand.ly/flankierende), warum die flankierenden Massnahmen ­nötig sind, um den hohen Risiken des Lohndumpings in der Schweiz zu begegnen. Sie widersprechen deshalb auch nicht den EU-Regeln.

Andreas Rieger war Co-Präsident der Unia. Er ist in der europäischen Gewerkschafts­bewegung aktiv.

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