1x1 der Wirtschaft

«Kinderstrafe» für Frauen: Happige Einbussen beim Lohn

David Gallusser

20 Prozent: Um so viel verringert sich das durchschnittliche Einkommen von Müttern gegenüber dem von Vätern nach der Geburt des ersten Kindes in Dänemark. Das ist das eindrückliche Resultat der neuen Studie eines ­dänisch-französischen Forscherteams (nachzulesen hier: rebrand.ly/kinderstrafe). Bis zur Geburt entwickeln sich die Einkommen von Frauen und Männer ziemlich gleich (siehe Grafik). Danach müssen Frauen happige Ein­bussen hinnehmen, während sich die Einkommen der Männer kaum ver­ändern. Zwei Drittel dieser «Kinderstrafe» erklären sich mit der Erwerbsarbeit, die Frauen im Gegensatz zu Männern zugunsten der Kinderbetreuung reduzieren oder ganz aufgeben.

SCHLECHTERE JOBS. Tiefere Stundenlöhne nach der Geburt erklären den Rest. Frauen wechseln nach der Geburt oft in Stellen, die mit der Betreuungsarbeit vereinbar sind. Das hat ­einen hohen Preis. Sie verlieren an Verhandlungsmacht, und die Arbeit­geber können ihre Löhne stärker drücken als die von Männern. Frauen stehen auch weniger lukrative Karrieren offen. Die Einkommensunterschiede haben sich zwar in Dänemark in den letzten 30 Jahren verringert. Die Kinderstrafe ist jedoch gleich hoch geblieben. Sie ist deshalb heute hauptverantwortlich für die tieferen Einkommen der Frauen.

STARRE ROLLENBILDER. Die Studie zeigt auch, dass die Kinderstrafe einer Frau umso höher ist, je weniger ihre Mutter erwerbstätig war. Das ist ein starker Hinweis darauf, wie wichtig Rollenbilder sind: Bekommen Mädchen in ihrer Kindheit ein konservatives Familienmodell vorgelebt, übernehmen sie später als Mütter mehr unbezahlte ­Betreuungsarbeit. Männer hingegen arbeiten unabhängig vom Familien­modell der Eltern nach der Geburt des ersten Kindes weiter. Da liegt auch das Problem. Soll die Kinderstrafe aus der Welt geschafft werden, muss Erwerbs- und Betreuungs­arbeit zwischen Männern und Frauen gleicher verteilt werden. Dazu müssen wir unsere starren Rollenbilder überwinden und Bedingungen schaffen, um Familie und Beruf besser zu vereinbaren. Das heisst: bezahlbare Kindertagesstätten, Elternurlaub für Mütter und Väter, steuerliche Begünstigung für gleich verteilte Erwerbsarbeit und vor allem: kürzere Arbeitszeiten.

David Gallusser ist Ökonom und Unia-Mitglied.

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