Schweizer Politikerinnen, die unvergessen sind:

Frauen gehören ins Haus, ins Bundeshaus!

Marie-Josée Kuhn

Von Josi Meier bis Christiane Brunner: Diese Politikerinnen haben die Schweiz geprägt.

Judith Stamm (*1934): Die Unerschrockene
Die Luzerner CVP-Politikerin war Richterin und Jugendanwältin. 1983 bis 1999 politisierte die mutige Scharfdenkerin im Nationalrat. Engagiert kämpfte sie etwa für eine Fristenlösung beim Schwangerschaftsabbruch. 1986 kandidierte sie gegen den Willen ihrer Partei für den Bundesrat. Aus Protest, dass die CVP-Fraktion keine Frauen aufgestellt hatte. Obschon sie nicht gewählt wurde, machte ihr Beispiel anderen Frauen Mut.


Josi Meier (1926–2006): Die Legende
Die Anwältin aus Luzern setzte sich früh für Gleichberechtigung und Frauenstimmrecht ein. 1992 wurde sie die erste Ständeratspräsidentin der Schweiz. Meier war eine der pointiertesten CVP-Politikerinnen, ihre Reden voller Schalk und Biss. Sie prägte den Spruch «Frauen gehören ins Haus; ins Bundeshaus!», der von der Luzerner Grafikerin Karin Willimann stammt. Meier machte ihn im ganzen Land bekannt.


Anita Fetz (*1957): Die Frauenbewegte
Sie kam aus der linken Poch und war Geschäftsführerin der feministischen Organisation für die Sache der Frau (Ofra). 1999 wurde die Basler SP-Frau in den Nationalrat gewählt, seit 2003 sitzt sie im Ständerat. Ihr ­Engagement für die Gleichstellung der Frauen verfolgt Fetz auch als Mitinhaberin der ­Unternehmensberatungsfirma Femmedia.


Lilian Uchtenhagen (1928–2016): Die Vorreiterin
Die Sozial­demokratin gehörte zu den ersten zehn Frauen, die nach Einführung des Frauenstimmrechts 1971 in den Nationalrat gewählt wurden. Und sie war die erste Bundesratskandidatin der Schweiz. Doch ohne Erfolg. Der Bürgerblock verhinderte ihre Wahl und hievte stattdessen den gemässigten Otto Stich in die Landesregierung.


Rosa Bloch (1880–1922): Die Revolutionärin 
Im Landesstreik sass die Zürcher Marxistin als einzige Frau im Oltener Aktionskomitee, allerdings nur für zwei Monate, dann musste sie einem Mann Platz machen. Engagiert kämpfte sie in der sozialistischen Frauenbewegung. 1918 wurde sie erste Präsidentin der Zentralen Frauenagitationskommission der SPS und übernahm die Redaktion der Arbeiterinnenzeitung «Die Vorkämpferin». Später trat sie aus der SP aus und in die KP ein.


Ruth Dreifuss (*1940): Die Landesmutter
Die Gewerkschafterin und Drittweltaktivistin war die erste Sozialdemokratin im Bundesrat. Nach der Nichtwahl von Christiane Brunner und der Verzichtserklärung von ­Francis Matthey (siehe unter Brunner) kandidierte sie schliesslich als politische «Zwillingsschwester» von Brunner und wurde gewählt. Als ­Innenministerin erreichte sie unter anderem die Einführung der Krankenversicherung (KVG) für alle und die 10. AHV-Revision, die wichtige Neuerungen für die Frauen brachte. Zudem kämpfte sie für die Einführung eines Mutterschaftsurlaubs. Erst zwei Jahre nach ihrem Rücktritt als Bundesrätin kam ein solcher 2004 auf nationaler Ebene durch.

Christiane Brunner (*1947): Die Ikone
Die Sozialdemokratin war die ­erste Frau an der Spitze einer ­grossen Gewerkschaft – und des Gewerkschaftsbundes. 1993 ­kandidierte sie als Bundesrätin. Bereits im Vorfeld ihrer Kandidatur bewarfen Politiker sie mit Schlamm und Dreck, weil sie nicht ins traditionelle Frauenbild passte. Sie lebte zum Beispiel in einer Patchwork-Familie. Das Parlament zog ihr den SP-Nobody Francis Matthey vor. Die Nichtwahl von Brunner löste breite ­Empörung und massive Frauenproteste aus. Schliesslich verzichtete Matthey auf Druck seiner Partei auf das Amt.


Elisabeth Kopp (*1936): Die Tragische
Die Freisinnige von der Zürcher Goldküste war die erste Bundesrätin der Schweiz und Justizministerin. 1989 trat sie vorzeitig zurück. Sie war über ihren Mann, Wirtschaftsanwalt Hans W. Kopp, gestolpert. In der Affäre Kopp ging es um Drogengeldwäscherei-Vorwürfe gegen die Firma Shakarchi, in der dieser im Verwaltungsrat sass. Elisabeth Kopp rief ihren Gatten an, warnte und bat ihn, aus dem Verwaltungsrat auszutreten.


Lise Girardin (1921–2010): Die Pionierin 
Die Freisinnige aus Genf war fast überall Pionierin: erste Grossrätin, erste Staatsrätin, erste Stadtpräsidentin und schliesslich, 1971, erste Stände­rätin. Auf Bundes­ebene engagierte sich die Geisteswissenschafterin für die Legalisierung des Schwangerschaftsabbruchs und für die Gleichstellung von Mann und Frau.

 

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