Kahlschlag bei GE: Und Bundesrat Schneider-Ammann schaut zu
Der Chabis-Minister

General Electric (GE) vernichtet massenhaft Jobs in der Schweiz, doch Bundesrat Schneider-­Ammann rührt keinen Finger. Aus ideo­logischen Gründen.

CHABIS-MINISTER: Bundesrat Johann Schneider-Ammann bezeichnete die französische Industriepolitik als «Chabis». (Foto: Fotolia; ZVG; Montage work / TNT Graphics)

Er ist wie die biblischen Plagen. Sieben Jahre lang ist Johann Schneider-Ammann schon Bundesrat. Doch der FDP-Wirtschaftsminister, der zu den reichsten 200 Schweizern gehört, redet und handelt noch immer wie der Konzernchef, der er war (Ammann-Group). Die Zerstörung von 1400 Arbeitsplätzen im Aargau durch den US-Giganten ­General Electric sei «unternehmerisch notwendig», sagte Schneider-Ammann, das müsse er «zur Kenntnis nehmen, denn dem Konzern geht es miserabel».

UNSINN. Der Schneider-Hannes betet bloss die Communiqués des GE-Managements nach. Der Mischkonzern mit fast 300 000 Beschäftigten macht in Wahrheit über 100 Milliarden Franken Umsatz und 8 Milliarden Gewinn. Er besitzt 490 Milliarden Franken Vermögen, also eine halbe Billion, und hat 120 Milliarden in Steuerparadiesen parkiert. GE ist eine riesige Bank mit angehängter Industrieproduktion. Ammann weiss das. Und er weiss auch, dass GE auf Druck von Finanzfonds beschlossen hat, seinen Aktionärinnen und Aktionären 50 Mil­liarden Dollar zu schenken.

TIPP VOM BUNDESRAT. Ein echter Volkswirtschaftsminister hätte dieses Wissen genutzt, um etwas für die GE-Jobs in Baden, Birr und Oberentfelden zu tun. Schneider-Ammann ist zwar nach Atlanta geflogen, als General Electric vor einiger Zeit eine Massenentlassung ankündigte. Stolz erzählt er, wie er den Amis die Vorzüge des «flexiblen Arbeitsmarktes in der Schweiz» angedient habe. Heute fällt der Kahlschlag noch brutaler aus, als damals angekündigt. Der Grund liegt auf der Hand. Die GE-Manager haben dem Bundesrat genau zugehört: In der Schweiz ist es leichter und viel billiger als anderswo, massenhaft Arbeitende zu entlassen.

12 000 Beschäftigte will GE weltweit rauswerfen, vor allem im Energiegeschäft, das der US-Konzern 2015 von der französischen Alstom übernommen hat. Zu jenem Zeitpunkt hatte Alstom das Turbinen­geschäft für AKW, Gas- und Kohlekraftwerke schon längst heruntergewirtschaftet. Dennoch bissen die GE-Manager bei den Franzosen auf Granit. Bis Ende 2018 dürfen sie in Frankreich keine Stellen abbauen. Sie mussten sogar zusagen, 1000 neue Jobs zu schaffen. Frankreich kann’s einfach besser.

FRANZÖSISCHER «CHABIS». Das liegt zum einen an der französischen Bereitschaft, mit Streiks, Fabrikbesetzungen und Massenprotesten Widerstand zu leisten. So läuft etwa bei ­Alstom Belfort, ein paar Kilometer hinter Pruntrut JU, gerade eine Fabrik­besetzung. Zum anderen aber bleiben die Franzosen (vorläufig?) verschont, weil ihre Regierung eine sehr aktive Industriepolitik betreibt.

Schneider-Ammann nennt diese Industriepolitik «Chabis». Der Bundesrat ist ein Hohepriester des Laissez-faire: der Markt soll alles richten. Auch beim überbewerteten Franken weigert sich der selbsternannte Jobminister («Jobs, Jobs, Jobs»), einzugreifen. Obwohl dies dem Werkplatz massiv schadet: Ohne Frankenschock hätte die Schweiz heute 100 000 Industriearbeitsplätze mehr. Das belegt eine Studie der Hochschule St. Gallen (work berichtete). Werden Tausende KMU von den Banken durch Kreditverweigerung stranguliert, sagt Johann Schneider-Ammann: «Es gibt keine Kreditklemme.» Und beharrt die Unia auf der Schaffung eines Produktionsfonds, auf dem ökologischen Umbau und auf einer innovativen Industriepolitik, winkt der Ideologe aus Langenthal ab: «Mit mir wird es keine Indus­triepolitik geben.»

Ein Weg für Baden und Birr. Dabei zeigen der Fall General Electric und die Gasturbinenproduktion auf, was eine neue Industriepolitik leisten könnte. Gasturbinen haben Zukunft, weil sie bei allen Nachteilen ökologischer als manch andere Form der Energiegewinnung sind. Ihr Markt aber ist eingebrochen, weil die Rettung der Banken den ökologischen Umbau bremst. Ein hochrangiger Insider zeichnet einen Weg für Baden und Birr: «Das Turbinengeschäft auskoppeln und weiterführen. Zum Beispiel in Zusammenarbeit mit Siemens und chinesischen Partnern. Das geht, aber dafür müsste man etwa tun.» Und dann sagt der Manager noch: «Wetten, dass der Chabis-Minister keinen Finger rührt.»

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