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Güterverkehr: Kommt jetzt der Thai-Kanal?

Ein alter Plan könnte den Warenverkehr zwischen China und Europa neu aufstellen. Zum Leidwesen der Piraten und Singapurs.

Abkürzung: Die geplante Wasserstrasse durch Thailand verkürzt den Weg von China nach Europa massiv. Singapur wäre plötzlich nicht mehr so wichtig. (Grafik: TNT)

Das deutsche Unternehmen Herrenknecht baut die weltweit besten Tunnelmaschinen. Die Chinesen sind den Deutschen auf den Fersen. Herrenknecht glaubt, technologisch den vorhandenen Vorsprung halten zu können. Dank mehr Innovationen.

Der Rastatter Tunnel, ein Eisenbahntunnel zwischen Karlsruhe und Basel im deutschen Rastatt, der sich im Bau befindet, ist für Herrenknecht ein GAU. Die Ingenieure gingen zu grosse Risiken ein. Die Rheintallinie, die für den Güterverkehr von der und in die Schweiz zentral ist, wurde unterbrochen. Weil eine Tunnelmaschine das Gleisbett einbrechen liess.

SCHNECKEN. Die Deutsche Bahn reagierte im Zeitlupentempo. Genau wie die europäischen Bahnen, die keine Notfallszenarien in ihren Schubladen hatten. Beweglicher reagierte die Strasse. Und auch der Schiffsverkehr auf dem Rhein nahm sprunghaft zu.

Die Klagen aus der Industrie blieben in Grenzen. Bahn, Strasse und Schiff sind unterschiedlich flexible kommunizierende Röhren. Notiz ins Stammbuch aller Antieuropäer: Der Gotthard und der Lötschberg sind kein Trumpf. Wenn die Schweiz sie sperren wollte, würde unser Land umfahren. So wie Rastatt.

Wie gross wird der Schaden am Ende des Rastatt-Unterbruchs sein? Wer trägt den Schaden für diesen GAU? Und kommen die Güter, die auf die Strasse abgewandert sind, wieder auf die Bahn zurück?

SEIDENSTRASSE. China will den Güterverkehr zwischen seinen Industriezentren und Europa mittels Seidenstrassen-Eisenbahnen beschleunigen. Die Schiene soll in Zukunft noch schneller werden als die Containerschiffe und noch billiger als die Luftfracht. Wir haben darüber berichtet.

Heute und auch morgen sind und bleiben die Fahrten mit den etwas langsamen Containerschiffen aber unschlagbar günstig. Zurzeit fahren die meisten Containerschiffe, die zwischen China und Europa verkehren, durch die Strasse von Malakka, eine südostasiatische Meerenge. Deshalb ist der an dieser Route liegende Hafen Singapur geopolitisch so wichtig. Diese Meeresstrasse ist an der engsten Stelle nur 2,4 Kilometer breit. Und immer wieder schnappen sich flinke Piraten den einen oder anderen Container.

SEERÄUBER. Jetzt möchte ein Konsortium einen 100 Kilometer langen, 20 Meter tiefen und 400 Meter breiten Kanal durch Thailand bauen. Die Fahrt der Containerschiffe zwischen Europa und China würde sich um zwei bis drei Tage verkürzen, ihr Energieverbrauch sinken. Und die Piraten würden ihre beste Mausefalle verlieren.

SOLDATEN . Thailand ist eine Diktatur. Das Militär putschte zugunsten der Rechten, die gegen die Roten die Wahlen verloren hatten. Das Baukonsortium, das der Armee nahesteht, will, dass der neue König grünes Licht für die 30-Milliarden- Investition gibt. Die Chinesen würden diese finanzieren. Wenig Freude an dieser Idee hat Singapur. Es läge plötzlich nicht mehr an der zentralen Handelsroute.

NEAT ODER THAI. Zum Vergleich: Die beiden Neat-Achsen werden im Endausbau so viel kosten wie der neue Thai-Kanal aufgrund des Budgets. Die offene Frage: Welche Investition wird sich besser rechnen, die Neat oder der Thai-Kanal? Wetten, dass die Chinesen die Nase vorn haben werden.

Links zum Thema:

  • rebrand.ly/thaikanal
    Interessanter Artikel mit kontroversen Leserbriefen. Fast überall schwingt die Angst vor den Chinesen mit, die gesamthaft 900 Milliarden Dollar in ihre diversen Seidenstrassen-Projekte stecken wollen. 30 Milliarden für den Thai-Kanal können sie aus der Portokasse zahlen.
  • rebrand.ly/krakanal
    Der Thai-Kanal nennt sich auch Kra-Kanal. Die ersten Projekte stammen aus dem 17. Jahrhundert. Jedes Containerschiff soll auch dank dem Zeitgewinn pro Durchfahrt durchschnittlich 300 000 Dollar Kosten sparen. Wenn die Fahrt durch den Kanal günstiger ist als die Fahrt durch die Strasse von Malakka, werden die Reedereien diese wählen.
  • rebrand.ly/handel
    Für das nicht ganz unseriöse «Handelsblatt» würde der Bau dieses Kanals «den Welthandel verändern».
  • rebrand.ly/mehrwert
    Vor 150 Jahren erschien der erste Band des «Kapitals» von Karl Marx. Selbst die NZZ widmet dem aus Trier stammenden Bartli ein Forum. Marx macht einen Unterschied zwischen dem Gebrauchswert und dem Tauschwert einer Ware. Nur produktive Arbeit schafft für ihn Mehrwert. Ist der Transport der Waren von China nach Europa und umgekehrt produktiv? Die Meinungen unter Marxisten sind geteilt, weil Marx vieles offenliess. Der Kompromiss: «indirekt produktiv». Na also!

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