Ratgeber

Ausländische Diplome: Gilt Ihr Abschluss auch in der Schweiz?

Sina Bühler

So können Sie ausländische Ausbildungsabschlüsse in der Schweiz anerkennen lassen.

Gesundheit: Auch für beinahe alle Pflegeberufe braucht es in der Schweiz einen anerkannten Abschluss. (Foto: iStock)

Ungelernte haben es nicht leicht: Sie sind bei der Stellensuche benachteiligt. Und wenn sie endlich eine Stelle finden, sind sie oft Dumpinglöhnen ausgesetzt. Noch schmerzlicher ist die Situation für viele Migrantinnen und Migranten, die eigentlich gar nicht ungelernt sind: Dann nämlich, wenn sie in ihren Heimatländern zwar eine Ausbildung abgeschlossen und dafür ein Diplom erhalten haben, dieses in der Schweiz aber nicht anerkannt ist. Am schwierigsten haben es jene ausländischen Diplomierten, die in einem Bereich arbeiten wollen, der in der Schweiz streng reglementiert ist. Ein Beispiel dafür ist das Gesundheitswesen. Beinahe alle Pflegeberufe lassen sich hierzulande nur mit einem anerkannten Abschluss ausüben. Ähnlich ist es auch im Bildungswesen.

GILT DER ABSCHLUSS?

Der Schweiz entgehen dadurch Tausende Fachkräfte. Aus dem einfachen Grund, weil sie nicht am richtigen Ort eingesetzt werden – oder werden können. Bei sogenannt nichtreglementierten Berufen, das heisst Berufen, deren Ausübung keine besonderen rechtlichen Bedingungen voraussetzt, ist zwar grundsätzlich keine Anerkennung notwendig. In diesen Fällen gewährt das ausländische Diplom direkten Zugang zum Arbeitsmarkt. Trotzdem entgehen Migrantinnen und Migranten oft Stellen, für die sie eigentlich gut qualifiziert wären – einfach, weil jemand anderes das entsprechende Schweizer Diplom hat. Falls Sie also im Ausland eine Ausbildung abgeschlossen haben, sollten Sie auf jeden Fall der Frage nachgehen, ob Ihr Abschluss auch in der Schweiz gültig sei. Dies gilt für alle Berufszweige, nicht nur für die reglementierten Branchen. Auch die meisten Gesamtarbeitsverträge legen die Löhne nämlich nach dem jeweiligen Ausbildungsstand fest.

WER IST ZUSTÄNDIG?

Zuerst stellt sich die Frage nach der Zuständigkeit. Die allererste Adresse ist immer das Staatssekretariat für Bildung, Forschung und Innovation (SBFI). Die Kontaktstelle finden Sie unter: rebrand.ly/kontaktstelle. Ausländische Diplome haben dann die grössten Chancen, anerkannt zu werden, wenn die Anforderungen und die Dauer der Ausbildung der Situation in der Schweiz am nächsten kommen. Um dies zu überprüfen, können Sie sich auf dem Berufsverzeichnis des SBFI die Liste der möglichen Abschlüsse anschauen. Die Liste finden Sie hier: rebrand.ly/berufe. Ein Beispiel: Sie haben ursprünglich Zahntechnikerin gelernt. Nun suchen Sie auf der alphabetischen Liste der Berufe jene Bezeichnung, die Ihrem ausländischen Abschluss am nächsten kommt. In diesem Fall «Zahntechnikerin EFZ». Sie erfahren, dass die Lehre in der Schweiz vier Jahre dauert, und Sie können die «Verordnung über die berufliche Grundbildung» und den Bildungsplan herunterladen.

Hat Ihre ausländische Ausbildung länger gedauert, oder haben Sie eine Fortbildung gemacht? Dann schauen Sie unter «Zahntechnikermeisterin » nach.

DAS VERFAHREN

Das Anerkennungsverfahren ist inzwischen elektronisch. Sie müssen ein persönliches Konto auf rebrand.ly/suisseID erstellen. Dort laden Sie alle Dokumente hinauf und stellen das Gesuch. Das SBFI wird Sie danach über alle weiteren Schritte informieren, eventuell zusätzliche Unterlagen von Ihnen einfordern und Ihnen Auskunft über die zu erwartenden Kosten geben.

Danach überprüft das Staatssekretariat Ihr Gesuch und wird Ihnen den Entscheid per Post mitteilen. Gegen den Beschluss (eine Verfügung) können Sie Rekurs einlegen. Alle Informationen dazu werden Ihnen ebenfalls zugestellt. Dieses Verfahren kann zwischen vier und sechs Monate dauern. Es kann sich aber auch verlängern, wenn vertiefte Abklärungen notwendig sind. War Ihre ausländische Ausbildung viel kürzer oder weniger anspruchsvoll als der Schweizer Bildungsweg, dann wird Ihnen das SBFI sogenannte Ausgleichsmassnahmen vorschlagen, eine Eignungsprüfung oder einen Anpassungslehrgang mit allfälliger Zusatzausbildung. Sobald Sie diese absolviert haben, bekommen Sie die Anerkennung.

Umgekehrt läuft es übrigens genauso: Wenn Sie ein Schweizer Diplom haben, das Sie für einen Job im Ausland brauchen, können Sie sich bei der Kontaktstelle des jeweiligen Landes melden. Die Adressen in den Ländern der EU finden Sie hier: rebrand.ly/eukontaktstellen.

Worktipp: Die UNIA hilft

Die Anerkennung ausländischer Diplome oder auch Arbeitserfahrungen ist ein grosses Anliegen der Unia Migration, der Interessengruppe für Migrantinnen und Migranten innerhalb der Gewerkschaft. Brauchen Sie sprachliche Unterstützung oder Hilfe beim Verfassen Ihres Gesuchs? Dann melden Sie sich bei Ihrem zuständigen Unia-Sekretariat.

Falls Sie keine formelle Ausbildung abgeschlossen haben, aber seit vielen Jahren auf Ihrem Beruf arbeiten, haben Sie die Möglichkeit, ein eidgenössisches Fähigkeitszeugnis nachzuholen.

FÄHIGKEITSAUSWEIS

Dazu erstellen Sie ein Dossier, in dem Sie Ihr Wissen und Ihre Erfahrung, allfällige Kursbesuche und andere Abschlüsse zusammenfassen. Dieses reichen Sie bei Ihrer zuständigen Behörde ein. Das Verfahren ist kantonal geregelt. Informationen erhalten Sie bei der Berufsberatungsstelle Ihres Kantons. Voraussetzung für ein eidgenössisches Fähigkeitszeugnis sind im allgemeinen mindestens fünf Jahre Berufserfahrung. Mehr darüber erfahren Sie unter: rebrand.ly/validierung.


Ausländische Diplome: Mehr als Wurstpapier

Das Hilfswerk der evangelischen Kirchen (Heks) lancierte dieser Tage seine neue Kampagne für das Projekt «chancen geben» mit einem Video. Darin wickelt ein Verkäufer seine grillierten Würste in Diplompapier ein. Die Stimme aus dem Off sagt dazu: «Diplome sind etwas Wertvolles. Doch was passiert, wenn ein Diplom nicht anerkannt wird? Dann ist es nichts mehr wert, nur noch das Papier, auf dem es gedruckt wurde.» Das Heks will damit auf die berufliche Situation von 50 000 Migrantinnen und Migranten aufmerksam machen, die zwar gut ausgebildet sind, in der Schweiz aber keinen Job finden, der ihren Qualifikationen entspricht.

PLATTFORM. Das Projekt bietet den Firmen eine Kontaktmöglichkeit. Und den Migranten eine Plattform, auf der sie ihre Lebensläufe veröffentlichen können. Das Hilfswerk ist nämlich überzeugt, dass ihr Potential den Firmen weit mehr nützt, als diese vielleicht selber denken. Darin wird es auch vom Schweizerischen Arbeitgeberverband unterstützt. Neben ihrer Plattform für Stellensuchende geben die beiden Organisationen auch Tipps, wie die Chancengleichheit auf dem Arbeitsmarkt verbessert werden kann. Beispielsweise durch neutral formulierte Stellenanzeigen, gezieltes Rekrutieren von bisher wenig repräsentierten Personengruppen oder vertiefte Praxistests. www.chancen-geben.ch

1 Kommentar

  1. T. Sonntag

    Guten Tag
    Ich bin Elektromeister der BRD. Seit 01/2017 lebe, wohne und arbeite ich als Elektroinstallateur in der Schweiz. Bei einer Betriebsprüfung in 02/2020 stellte sich heraus, dass ich keine Gleichwertigkeitsanerkennung habe. Das diese erforderlich ist wusste weder mein Arbeitgeber, noch der Arbeitgeber davor. Ich habe diese sogleich in 02/2020 beantragt und warte seit dem auf eine Entscheidung. Seit nunmehr 7(!) Monaten. Belastbare Aussagen sind vom ESTI nicht zu bekommen. Da ich alle erforderlichen Unterlagen hochgeladen habe, sollte die Anerkennung eigentlich eine schnell lösbare Aufgabe sein.. eigentlich 🙁
    Seit Ende Juli bin ich nun arbeitslos und nicht vermittelbar !!!
    Was mich besonders ärgert ist, dass mich das Verfahren auch noch rund 3000Chf kosten soll. In Deutschland ist noch nicht mal eine Anerkennung nötig, wenn man Schweizer, oder EU Bürger ist.
    Ich frage mich, ob das überhaupt rechtlich zulässig ist. Ist es nicht gem. Freizügigkeitsabkommen so, dass beide Seiten (Schweiz/EU) auch die gleichen Maßnahmen anwenden müssten?
    Mit freundlichen Grüßen
    T. Sonntag

Schreibe einen Kommentar

Bitte fülle alle mit * gekennzeichneten Felder aus.