Keine Entwarnung von SGB-Chefökonom Daniel Lampart

«Der Franken ist immer noch überbewertet»

Daniel Lampart

Der Franken-Euro-Kurs pendelt derzeit bei 1.15. Fair aber wäre er erst bei 1.30, rechnet Gewerkschaftsökonom Lampart vor.

Daniel Lampart ist Chefökonom des Schweizerischen Gewerkschaftsbunds (SGB).

Ende Juli hat sich der Franken gegenüber dem Euro endlich spürbar abgewertet. Der Franken-Euro-Kurs bewegt sich nun im Bereich von 1.15. Warum der Franken ausgerechnet jetzt etwas schwächer geworden ist, kann niemand genau erklären. Weil die Wechselkurse in hohem Mass von sehr kurzfristigen Spekulationen beeinflusst werden. Geholfen hat aber sicher, dass sich bei den Wahlen in Frankreich oder in den Niederlanden die proeuropäischen Kräfte durchsetzten. Damit wurde das Vertrauen in den Euro gestärkt. Und die Flucht in den Franken geschwächt.

NATIONALBANK MUSS RAN

Doch auch mit 1.15 ist der Franken gegenüber dem Euro nach wie vor deutlich überbewertet. Wir haben im Gewerkschaftsbund Berechnungen zum fairen Franken-Euro-Kurs gemacht. Indem wir die Preise und Lohnstückkosten in der Schweiz mit dem Ausland verglichen. Unsere Berechnungen zeigen, dass der Franken gegenüber dem Euro erst bei einem Kurs von ungefähr 1.30 im Lot wäre. Das bedeutet: Der Franken muss sich auch bei einem Kurs von 1.15 zum Euro weiter abwerten.

Die Nationalbank ist nach wie vor gefordert. Sie muss die Zinsen im Negativbereich halten und alles dafür tun, dass die für Löhne und Arbeitsplätze schädliche Überbewertung des Frankens endlich aufhört.

GUTE GESCHÄFTSLAGE

Positiv ist, dass der Druck auf die Exportindustrie und den Tourismus mit dem Kurs von 1.15 etwas nachgelassen hat. Vor allem im Hinblick auf die Lohnrunde gibt das mehr Verhandlungsspielraum. Denn bereits beim Frankenkurs von 1.05 bis 1.08 stuften beispielsweise ein Viertel der MEM-Firmen ihre Marge als «sehr gut» ein. Die jüngsten Umfragen bei den Firmen zeigen, dass sich die Geschäftslage seither merklich verbessert hat. Der schwächere Franken wird auch zu einer etwas höheren Teuerung führen. Weil die Preise für Produkte, welche die Schweiz aus dem Ausland importiert, etwas steigen werden. Eine Abwertung um 5 Prozent führt mit einer Verzögerung von knapp einem Jahr zu einer um rund 0,5 Prozent höheren Teuerung. Die Teuerungsprognosen von 0,3 bis 0,5 Prozent, die noch mit einem Frankenkurs von unter 1.10 berechnet wurden, dürften also zu tief liegen.
Die Löhne müssen dementsprechend mehr steigen.

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