So kommen Frauen endlich zu gleichem Lohn

Lohntransparenz ist das A und O

Sabine Reber

Was tun gegen die Lohnungleichheit zwischen Frauen und Männern? Abhilfe schaffen könnten transparente Löhne. Eine Umfrage zeigt: über 70 Prozent sind dafür.

Saubere Sache: Liegen die Löhne offen, klappt’s auch mit der Fairness. (Foto: Fotolia)

Noch immer verdienen Frauen in der Schweiz rund 20 Prozent weniger als Männer. 40 Prozent der Differenz lassen sich nicht auf Faktoren wie unterschiedliche Qualifikationen, Anforderungen, hierarchische Positionen oder Branchenzugehörigkeit zurückführen. Konkret: Frauen bekommen weniger Lohn, einfach weil sie Frauen sind. Das zeigt auch das Statistische Jahrbuch 2017.

DER GROSSE LOHNBSCHISS

Was da den Frauen an Geld im Laufe ihres Erwerbslebens vorenthalten wird, ist eindrücklich. Das Berner Büro für arbeits- und sozialpolitische Studien (BASS) hatte es 2011 im Auftrag der Unia ausgerechnet. Im Monat beträgt der grosse Lohnbschiss an jeder Arbeitnehmerin in der Privatwirtschaft 730 Franken, im Jahr 8800 Franken und in einem ganzen Erwerbsleben 379 000 Franken.

Übrigens: Der durchschnittliche Lohnunterschied von 20 Prozent gilt nur, wenn man zur Berechnung von einem 100-Prozent- Pensum ausgeht. Wenn die Frauenlöhne nicht auf eine Vollzeitstelle aufgerechnet werden, ist der Unterschied sogar noch grösser: Der Nettolohnunterschied beträgt 32,5 Prozent! Die Frauen haben also tatsächlich im Durchschnitt einen Drittel weniger Lohn zur Verfügung.

VERGLEICHEN HILFT

Die Zürcher Rechtsanwältin und Spezialistin für Lohngleichheitsklagen, Bibiane Egg, sagt es deutlich: «Viele Frauen würden staunen, wenn sie wüssten, wie viel mehr ihr Kollege verdient. Die Lohntransparenz ist das A und O, um gegen Diskriminierung vorzugehen.» Denn wie sollten die Frauen vor Gericht klagen, wenn ihnen der Unterschied gar nicht bekannt ist?
In einer repräsentativen Umfrage des Karrierenetzwerks Xing sprachen sich 71 Prozent der Befragten dafür aus, dass alle Einkommen veröffentlicht werden sollten, um Transparenz innerhalb der Unternehmen zu schaffen. Hauptanliegen der Befürworterinnen und Befürworter: Lohnfairness.

SCHAM UND SOLIDARITÄT

Frauen, die sehr wenig verdienen, nennen ihr Einkommen oftmals aus Scham nicht. Aus der Praxis erzählt Rechtsanwältin Egg, solidarische Kollegen teilten schon mal der neuen Arbeitskollegin mit, wie viel sie verdienten. Zum Teil ist bei den Männern aber immer noch die Angst verbreitet, sie könnten am Ende etwas verlieren, wenn die Frauen mehr bekämen. Egg: «Die Angst der Männer, ihre Löhne könnten dann sinken, ist unbegründet. Ich habe noch nie erlebt, dass eine Lohngleichheitsklage die Senkung der Männerlöhne zur Folge hatte.»

Lohngleichheit subito!

Zum Jahrestag des grossen Frauenstreiks von 1991 veranstaltet die Unia eine Aktion zum Thema «Lohngleichheit subito».

Wo und wann: 14. Juni, 17 Uhr, Bundesplatz, Bern.

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VORBILD ISLAND

In Island lassen Parlament und Regierung den Worten endlich Taten folgen: Ab nächstem Jahr müssen alle Betriebe ab 25 Beschäftigten nachweisen, dass sie gleiche Löhne zahlen. Bis in vier Jahren soll es in Islands boomender Wirtschaft keine Lohndiskriminierung mehr geben.

In der Schweiz dagegen verhindern bürgerliche Politiker und die Wirtschaftsverbände seit über drei Jahrzehnten griffige Massnahmen. Darum plant die Unia eine Subito-Initiative für Lohngleichheit. Rechtsanwältin Bibiane Egg sagt dazu: «Es würde viel bringen, die Lohntransparenz in die Verfassung zu schreiben – eine ganz andere Kultur entstünde in den Betrieben und Organisationen.»

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