Berufsschule Interlaken: Unter SVP-Rektor ist Ausgewogenheit ein Fremdwort

Lehrer machen Stimmung gegen die Unia

Christian Egg

Lehrer der Berufsschule in Interlaken BE schüchtern Schülerinnen und Schüler ein, damit sie nicht der Unia beitreten.

Unia unerwünscht: Lehrer in der Berufsschule Interlaken machen die Gewerkschaft schlecht. (Foto: ZVG)

Kurz vor der Pause wird Lehrer Fredi Marti * deutlich. Die Unia sei wieder mit einem Stand vor der Schule am Werben, warnt er seine Kochklasse. Einer der damals anwesenden Stiftinnen und Stifte, Dominik Käser *, erinnert sich: «Er sagte uns, wir sollten ja nicht bei der Unia Mitglied werden. Das bringe nichts und koste nach der Lehre riesige Mitgliederbeiträge.»

Auch der handzahme Berufsverband Hotel & Gastro Union (HGU) wirbt Mitglieder in der Berufsschule Interlaken. Doch er wird bevorzugt behandelt. Lehrling Käser sagt: «Die Vertreter der HGU durften während einer ganzen Lektion zur Klasse sprechen.» Diese Ungleichbehandlung ist nicht nur stossend, sie verstösst auch gegen die Weisung des Kantons. Das Bernische Amt für Berufsbildung hält fest: Beim Einbezug von Verbänden oder Gewerkschaften in den Unterricht «ist auf Ausgewogenheit zu achten».

LEHRER LOCKEN MIT GELD

Kim Scorti ist einer der Unia-Sekretäre, die die Lernenden jeweils vor der Berufsschule Interlaken informieren. Auch er würde dies gern im Rahmen einer Lektion tun. Er sagt: «Aber die Schule erlaubt uns das nicht.» Für Scorti ist klar: Das geht gar nicht. «Wie bei religiösen Fragen muss eine Lehrkraft auch in Gewerkschaftsfragen neutral sein», sagt der Unia-Mann. Die Lehrer in Interlaken würden ihre Machtposition missbrauchen, um die Stiftinnen und Stifte zugunsten der Hotel & Gastro Union zu beeinflussen.

Sogar mit Geld als Lockangebot. Dominik Käser erzählt: «Am Schluss der Vorstellungsrunde über die HGU sagte uns einer der Lehrer, er sei selber Mitglied dort und bekomme eine Prämie von hundert Franken, wenn er ein neues Mitglied werbe. Den Betrag würde er jenen Lehrlingen weitergeben, die dem Verband beiträten.»

Auch Lehrer Marti ist HGU-Mitglied, wie er gegenüber work bestätigt. Er streitet aber ab, dass er den Lernenden von einer Unia-Mitgliedschaft abrate. Er sage ihnen nur, sie sollten den Entscheid überschlafen. Dann aber bricht es aus Marti heraus: Die Unia gehe «aggressiv» vor. Und der Berufsschullehrer kündigt an, er werde der Schulleitung den Antrag stellen, die Unia nicht mehr ins Haus zu lassen. Gerne hätte work Martis Aussagen direkt zitiert. Doch plötzlich will der doch nichts gesagt haben und verweist an Co-Rektor Urs Burri.

Dieser lässt work wissen, die Vorkommnisse an seiner Schule seien ihm «nicht bekannt gewesen». Und zweifelt die Aussagen von Lehrling Käser an: «Sie entsprechen wohl nicht der Wirklichkeit.» Doch work weiss: Die Schulleitung wusste schon länger von solchen Vorfällen.

Sein Name ist Hase: SVP-Politiker und Co-Rektor Urs Burri will von den Problemen nichts gewusst haben. Obwohl sich die Unia bei der Schulleitung beschwerte. (Foto: ZVG)

Unia-Mann Bashkim Rexhepi informierte bereits letztes Jahr Co-Rektor Markus Schlegel darüber, dass Lehrer Stimmung gegen die Unia machten und Schülern für eine Mitgliedschaft bei der Hotel & Gastro Union hundert Franken versprechen würden. Rexhepi: «Schlegel sagte uns, dass er das zwar wisse, aber nichts tun könne.» Weiss an der Berufsschule Interlaken der eine Co-Leiter vielleicht nicht, was der andere weiss? Alles scheint möglich. Aber eines ist sicher: So unwissend, wie Co- Rektor Burri, seines Zeichens aktiver SVP-Mann, sich gibt, kann er seit mindestens drei Jahren nicht mehr sein.

EINGESCHÜCHTERTE STIFTE

Damals machte Lehrer Hans Obrist* Stimmung gegen die Unia. Wie Marti unterrichtet auch Obrist angehende Köche in Interlaken. Und Obrist ist ebenfalls Mitglied der Hotel & Gastro Union. Vier seiner Schüler wollten damals der Unia beitreten. Sie füllten am Stand ihre Anmeldung aus. Eine Stunde später erschien Lehrer Obrist mit den Schülern im Schlepptau und verlangte von den Unia-Werbern, dass sie die Anmeldungen wieder aushändigen sollten, was diese auch taten. Unia- Mann Scorti sagt: «Obrist stand dominant vor den Lehrlingen, und diese waren sichtlich eingeschüchtert. Es war klar, dass er sie unter Druck gesetzt hatte.» Die Unia beschwerte sich damals bei der Schulleitung. Und Co-Rektor Burri reagierte höchstpersönlich. In einem Mail versprach er der Unia, mit Hans Obrist zu sprechen. Genützt hat’s offensichtlich nicht viel.

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