Studie aus Norwegen:
Es geht auch gesund in der Pflege!

Unser Gesundheitssystem gefährdet die psychische Gesundheit der Mitarbeitenden. Das muss nicht sein, zeigt ein Experiment aus Norwegen.

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GUTE PFLEGE: Von besseren Arbeitsbedingungen profitieren die Mitarbeitenden und die Pflegebedürftigen. (Foto: Canva)

In keiner anderen Branche waren mehr Mitarbeitende wegen eines psychischen Problems in ärztlicher Behandlung als im Gesundheits- und Sozialwesen, nämlich jeder und jede zwölfte. Sogar 28 Prozent der Mitarbeitenden wiesen einen Mangel an Energie und Lebensfreude auf, schreibt die Suva.

Depressionen oder Angstzustände

Ganz ähnlich eine aktuelle Studie der Weltgesundheitsorganisation WHO: Sie hat in allen EU-Ländern über 90'000 Pflegende sowie Ärztinnen und Ärzte zur psychischen Gesundheit befragt. Trauriges Ergebnis: Ein Drittel von ihnen berichtet über Depressionen oder Angstzustände. Mehr als ein Zehntel hat gar schon einmal daran gedacht, sich das Leben zu nehmen oder sich selbst zu verletzen.

Spitäler und Heime sind per Gesetz verpflichtet, der Gesundheit der Mitarbeitenden Sorge zu tragen und die Arbeit geeignet zu organisieren. Für Christine Michel, Expertin für Gesundheitsschutz bei der Unia, ist klar:

Im Gesundheitswesen nehmen viele Betriebe diese Pflicht nur ungenügend wahr.

Oft sei die Arbeitslast zu hoch, weil zu wenig Personal eingeteilt sei. Mit­arbeitende könnten ihre Pausen nicht beziehen oder müssten in der Freizeit kurzfristig einspringen. Michel sagt: «Das alles belastet die psychische Gesundheit.»

Klar ist aber auch: Letztendlich trägt die Politik die Hauptverantwortung für diese Zustände. Sie hat die Rahmenbedingungen so festgelegt, dass Spitäler und Heime permanent unter Spardruck stehen (mehr dazu in diesem Beitrag).

Gesicherte Ruhezeiten

Wie sich bessere Dienstpläne auf die Gesundheit auswirken, hat ein Experiment in Norwegen eindrücklich gezeigt. Das Forschungsteam ­konzentrierte sich auf die Er­holungsphase zwischen zwei Diensten. Sie sollte mindestens elf Stunden dauern, was aber in der Realität oft nicht der Fall ist.

In 31 Stationen mit total 344 Pflegenden wurde während sechs Monaten die Planung angepasst. Ruhezeiten unter elf Stunden konnten nicht ganz vermieden werden, sie kamen aber nur noch halb so oft vor. Und es zeigte sich: Die Teams verzeichneten signifikant weniger Ausfälle wegen Krankheit. 

Das brächte dem Gesundheitswesen auch einen finan­ziellen Vorteil, wie die Autorinnen und Autoren errechnet ­haben. Würde in ganz Norwegen die Elf-Stunden-Regel besser durchgesetzt, würde das die Gesundheitskosten umgerechnet um jährlich fünf Mil­lionen Franken senken.

Pflegedemo: Es ist 5 nach 12

Vier Jahre nach dem deutlichen Ja zur Pflegeinitiative zeigt sich: Der Vorschlag des Bundesrates zur Umsetzung ist lückenhaft. So lässt sich die langsame Zerstörung der Gesundheitsversorgung nicht aufhalten, das Parlament muss nachbessern. Mit der Botschaft «Es ist 5 nach 12» ruft eine breite Allianz der Gesundheitsberufe zu einer gemeinsamen Kundgebung am 22. November in Bern auf. Damit auch die Politik merkt: So kann es nicht weitergehen! Die Unia rechnet mit vielen Teilnehmenden und organisiert deshalb Extrazüge nach Bern.

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