Genua: Docker unterstützen Soli-Flotte für Gaza
«Wenn die Welt schweigt, setzen wir Segel»

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In diesen Tagen sammelt sich die grösste humanitäre Flotte der Geschichte, um den Menschen in Gaza zu Hilfe zu eilen. Die Docker von Genua beschützen sie.

Demo am hafen von genua: 50 000 sind gekommen, um die Soli-Flotte zu unterstützen. (Foto: Gewerkschaft USB)

50 000 hatten sich am Hafen von Genua zu einem riesigen Demofest versammelt. Sie feuerten Gewerkschafter Riccardo Rudini an, der die israelische Regierung warnte: «Verlieren wir den Kontakt mit unseren Schiffen, und sei es auch nur für 20 Minuten, legen wir ganz Europa lahm. Häfen, Strassen, Flughäfen, alles. Dann wird kein Nagel mehr an Israel geliefert.» Rudini ist der Sprecher der Hafenarbeiter. Normalerweise fertigen sie jährlich 14 000 Container nach Israel ab. Doch an jenem Abend des 30. August schickte Genua mehrere Segelschiffe, beladen mit Medikamenten und Lebensmitteln auf die Reise nach Gaza.

Goldmedaille für Widerstand

In nur wenigen Tagen hatte die Bevölkerung der Stadt mehr als 260 Tonnen Hilfsgüter für Palästina ins Gemeinschaftszentrum Music for Peace und zur Docker-Gewerkschaft USB getragen. Die neue, linke Bürgermeisterin Silvia Salis, eine frühere olympische Hammerwerferin und Anti-Meloni, wünschte den Schiffen guten Wind. «Genua hat die Goldmedaille des Widerstandes. Wir sind das wirkliche Italien. Mit unserer Haltung zu Gaza zeigen wir, dass wir Menschen sind.»

Jetzt versammeln sich die Genueser Schiffe südlich von Sizilien mit Seglern aus Marseille, Barcelona, Piräus, Tunis und anderswoher zur grössten humanitären Flotte der Geschichte. Es könnten über 100 Schiffe werden, die versuchen, die israelische Blockade zu durchbrechen, um den verhungernden Menschen in Gaza beizustehen. Organisiert hat die Aktion eine Koalition aus 43 Ländern, globalsumudflotilla.org. Mit dabei sind auch etliche Unia-Mitglieder.

Sie riskieren ihr Leben. Bisherige Versuche hat das israelische Militär schon in internationalen Gewässern martialisch beendet – im Seerecht nennt man das Piraterie. Jetzt droht die Regierung in Tel Aviv, die Humanitären als «Terroristen» zu behandeln. Also abzuschiessen.

Der Wind hat gedreht

Die Besatzungen der Flotte wissen das. Sie haben geübt, nicht auf Provokation zu reagieren und höchstens gewaltfrei Widerstand zu leisten. Nicht sicher, dass sie dies schützt. Das Regime von Benjamin Netanjahu will bei seinem Völkermord nicht gestört werden. Zeugen sind unerwünscht. Seine Armee tötet in der «Hölle auf Erden» (Stefano Rabora von Music for peace) systematisch Humanitäre, Ärzte, Journalistinnen (bisher allein mehr als 230 Medienleute).

Dennoch könnte dieser «Aufstand des Gewissens», wie ein Marseiller Docker der Gewerkschaft CGT formuliert, Wirkung zeigen. Denn der Wind dreht. Reichlich spät erkennen die Weltöffentlichkeit und auch immer mehr Israeli, dass in Gaza kein Krieg stattfindet, sondern ein Völkermord mit US-Geld und US-Waffen.

Der wachsende Widerstand erhöht den Druck auf Europas Regierungen, ihre finanzielle und politische Beihilfe bei diesem neokolonialen Vernichtungskrieg zu beenden. Und in den in vielen Ländern neu aufflammenden sozialen Bewegungen gegen die Austeritätspolitik, in Streiks, Demonstrationen und Wahlkämpfen ist das Thema Gaza zum Brand­beschleuniger geworden. Verschärft durch die Tatsache, dass die schärfsten Unterstützerinnen der israelischen Politik heute die neofaschistischen Parteien sind.

Wie Gaza das politische Bewusstsein der Opposition gegen den autoritären Kapitalismus nährt, lässt sich an der Gewerkschaftsbewegung lesen. Im Frühjahr weigerten sich die Docker der Gewerkschaft CGT in Marseille, französisches Kriegsgerät für Israel zu laden. Die Docker in Barcelona, Genua und Livorno solidarisierten sich mit den südfranzösischen Kollegen, der israelische Frachter musste unbeladen abdrehen. Über alle politischen und nationalen Gegensätze hinweg ist ein Netzwerk der Hafenarbeitenden an Mittelmeer und Atlantik entstanden, bis hinauf nach Hamburg und Schweden. Jetzt hat die genuesische Docker-Gewerkschaft USB alle Gewerkschaften für den 26. und 27. September nach Genua geladen. Themen: Arbeitsbedingungen, Privatisierungen, Kampf gegen den Faschismus. Und Gaza.

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