Laura mal lautLaura und das orange Märchen
ch gebe es zu. Ich habe mich gefreut, die schlechten Schlagzeilen über die Migros zu lesen.

Jean Ziegler
Der Staat Israel wurde am 14. Mai 1948 gegründet durch eine Proklamation von Ben Gurion, dem Präsidenten des Jüdischen Nationalrats. Einen Tag vor Ablauf des britischen Mandats über Palästina. Die UN-Generalversammlung war von Grossbritannien mit der Lösung der Palästinafrage beauftragt worden. Mit einer Zweidrittelmehrheit hat sie am 29. November 1947 zugestimmt, Westpalästina in einen jüdischen und einen arabischen Staat aufzuteilen. Eine Entscheidung, die die arabische Seite ablehnte.
Zugleich brachte die 1945 verabschiedete Charta der Vereinten Nationen den Willen zum Ausdruck, die Kolonialherrschaften zu beenden. Ein Widerspruch.
Auch wenn es nicht möglich war, die Schrecken des Völkermords an den Jüdinnen und Juden in Europa wiedergutzumachen, bot man ihnen eine Entschädigung in Form eines Landes an. Ein alter Traum, den die von den Evangelikalen unterstützte zionistische Bewegung seit dem 19. Jahrhundert hegte. Während die Uno also die Unabhängigkeit der Völker förderte, bedeutete dies für das palästinensische Volk, dass es aus einem Teil seines angestammten Territoriums vertrieben und einer neuen kolonialen Herrschaft unterworfen wurde.
Bereits 2017 warnte die Uno, dass der Gazastreifen «unbewohnbar» sei. Dies aufgrund der israelischen Blockade, die die Energie- und Wasserversorgung einschränkt und zu einer Verschlechterung des Gesundheitssystems, zu Nahrungsmittelknappheit und einer sehr hohen Arbeitslosenquote führt.
Dann kam der abscheuliche Angriff der Hamas auf israelische Zivilistinnen und Zivilisten am 7. Oktober 2023 und die Geiselnahmen. Dieser Überfall veranlasste den israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanyahu zu einem regelrechten Rachefeldzug, zu einem Völkermord an der Zivilbevölkerung in Gaza.
Der israelische Schriftsteller David Grossman schrieb am 10. August 2025 in der Zeitung «Le Monde»: «Die Kombination dieser beiden Wörter, ‹Israel› und ‹Völkermord›, beschäftigt mich von Anfang an […] All dies ist Teil eines Prozesses, den Israel durchläuft. Indem wir unsere Fehler anerkennen, dank einer regionalen Allianz und der Schaffung eines palästinensischen Staates neben unserem, werden wir aus diesem teuflischen Kreislauf herauskommen, in dem Israel mit diesen schrecklichen Worten dargestellt werden kann.»
Die rassistische und kolonialistische israelische Regierung, die für diesen Völkermord verantwortlich ist und heute den Gazastreifen wieder besetzen und seine palästinensische Bevölkerung vertreiben will, verstärkt die Fehler, anstatt sie zu korrigieren, und schürt damit das Entsetzen.
Jean Ziegler ist Soziologe, Vizepräsident des beratenden Ausschusses des Uno-Menschenrechtsrates und Autor. Sein 2020 im Verlag Bertelsmann (München) erschienenes Buch Die Schande Europas. Von Flüchtlingen und Menschenrechten kam im Frühling 2022 als Taschenbuch mit einem neuen, stark erweiterten Vorwort heraus.
„Die Hölle, das sind die Anderen“ konstatierte Sartre einmal. Warum werden immer die Juden als diese ‚Anderen‘ verteufelt ?
Ziegler’s Kolumne verdreht die Fakten.
1 ) David Grossman zu benutzen, um die ‚Völkermord‘-Diffamierung zu verbreiten, ist keine gute Idee. Der Schriftsteller thematisierte im ‘La Repubblica’-Interview die Gefahr eines Missbrauchs des Worts ‚Genozid‘ in Bezug auf Israel – wurde aber im geschrieben Text sinnwidrig zitiert, und dieser dann von Le Monde.
Absicht ?
2 ) Dieser Krieg wurde durch palästinensische Gruppen unter Führung der Hamas strategisch ausgelöst, mit dem grauenvollen genozidalen Terroranschlag am 7. Okt. 23.
Absichtlich bis heute verlängert mit der Geiselnahme von Zivilisten und weiterem Raketenbeschuss nach Israel.
Geplant, gewollt und durchgeführt durch mehrfache schwerste Kriegsverbrechen.
3 ) Die Kriegsaktionen Israels enthalten ebenso Kriegsverbrechen, die alle von internationalen Gerichten untersucht werden müssen.
Wenn nach knapp zwei Jahren schwierigstem städtischem Krieg ca. 2,7 % der Bevölkerung in Gaza getötet wurde, davon fast die Hälfte jihadistische Kämpfer, ist keine ‘Vernichtung’ des ‘Palästinensischen Volkes’ zu erkennen.
Die Gesamtpopulation nahm in dieser Zeit zu.
Die israelische Armee kümmert sich mehr um deren Schutz als die Jihadisten. Diese missbraucht sie bewusst und zynisch als ‘menschliche Schutzschilde’, setzt sie dem Kriegsgeschehen aus. Inszeniert den Hunger, wie die ‘Fake’-Zeitungsbilder enthüllten.
Auch ein ‚Rachefeldzug Netanyahus‘ ist das nicht, wie sogar die berüchtigte ‚Amalek‘-Rede verdeutlicht.
4 ) Die ehemalige Spezialbeauftragte der UN für Völkermord und Kriegsverbrechen, Alice Nderitu, warnte schon Ende ’24 vor der politischen Instrumentalisierung des Begriffs ‚Genozid‘.
Politische Anti-Israel – Interessengruppierungen pressen solche Diffamierungen in den medialen Echoraum, die bei genauer Analyse haltlos sind. Nach dem Prinzip ‘irgend etwas bleibt schon hängen’.
So auch die Kolumnen Zieglers.
5 ) Ermuntert durch die Klagen von Südafrika oder Irland (das beantragte, den Anforderungsstandard für eine ‚Genozid‘-Bezichtigung herunter zu setzen ! ), stimmen jetzt auch Zieglers SP-Genossen in den anti-zionistischen Chor mit ein, um Israel zu dämonisieren.
Das Wort hat keinerlei analytischen Wert, vielmehr wird es aus rachsüchtigen Gründen verwendet, wie die Holocaustüberlebende Liliana Segre betont.
Was wird dadurch erreicht ?
Eine Pervertierung des Völkerrechts, zumindest. Zum Nutzen der autokratisch-antidemokratischen Staaten in der UN und zum Nachteil einer klaren Hierarchie von ethischen Werten, klaren Fakten und juristischen Definitionen.
6 ) Das ‚palästinensische Volk‘ als ‘Palästinenser’ wurde erst von Arafat in den 60er Jahren gebildet ‚durch den Kampf gegen Israel‘, wie er selbst proklamierte.
Rassistisch und nationalistisch. Als politisches Faustpfand gegen Israel und ‚den Westen‘, unterstützt von der UdSSR.
Davor lehnten die arabischen Bewohner des ehemaligen Mandatsgebiets Palästina immer ab, so bezeichnet zu werden.
Juden und Christen dort waren ‚die Palästinenser‘, nicht als Staatsvolk, sondern als Herkunftsbezeichnung. Denn einen palästinensischen Staat gibt es nicht und gab es nie. Auch der arabische Staat im Teilungsvorschlag von 1947 wurde nicht ‚Palästina‘ genannt.
7 ) Warum die andauernde Ablehnung der Zweistaatenlösung ?
Weil die später so benannten Palästinenser eine solche gar nie wollten. Es hätte bedeutet, den Staat jüdischer Selbstbestimmung, Israel, anzuerkennen. Das widerstrebte den arabischen Führern bis heute, was an der Ablehnung und oft gewaltsamen Sabotierung jeder valablen Verhandlungslösung zu sehen ist:
* ‚free Palestine from the river to the sea‘ bedeutet in Konsequenz: vom Jordan bis zum Mittelmeer quasi ‚judenfrei‘, wie schon die meisten nahöstlichen Staaten mit ihren apartheidähnlichen Strukturen.
* ‚by any means necessary‘, mit jeden ‘notwendigen’ Mitteln, also auch Terroranschlägen ?
* ‚globalize the Intifada‘, also weltweit Attacken auf jüdische Menschen und Anschläge gegen deren sichtbare Präsenz.
8 ) Dass die später als ‚Palästinenser‘ benannte arabische Bevölkerungsgruppe nicht ‚okkupiert‘ oder gar ‚kolonisiert‘ wurde, zeigt schon die Tatsache, dass in Israel seit dem Unabhängigkeitskrieg 1948 ca. 20% meist muslimische arabische BürgerInnen in Frieden leben, mit vollen Rechten. Neben Christen, Baha’i, Drusen..
Ebenso, dass zwischen 1948 und 1967 das Westjordanland (Judäa und Samaria) von Jordanien besetzt war, Gaza von Ägypten. Keiner der dort lebenden arabischen Menschen schrie damals ‚okkupiert ! kolonisiert !‘ oder verlangte nach einem ‚eigenen palästinensischen Staat‘ – auch die sowjetpropagandistisch ausgerichtete westliche Linke nicht.
Warum wohl ?
9 ) Zionismus ist eine nationale Befreiungsbewegung und antikolonialistisch, sehr erfolgreich übrigens: sie erreichte (ironischerweise ‚zusammen‘ mit den arabischen Aufständen), dass die Briten ihr Mandat aufgaben und in der Folge ein Staat jüdischer Selbstbestimmung im ursprünglichen Heimatland gebildet wurde.
Er bot hunderttausenden vertriebenen jüdischen Menschen, zur Hälfte aus arabisch/islamisch regierten Staaten, eine Stätte des schieren Überlebens, der Zuflucht aus allen Himmelsrichtungen.
Einfach so ‚angeboten‘ wurde dies nicht, im Gegenteil: die Flucht und Emigration von bedrohten Juden nach Palästina wurde sogar behindert.
10 ) Frage an Herrn Ziegler: sollte dies alles besser nicht möglich gewesen sein ?
War diese Unabhängigkeit und Selbstbestimmung etwa ‚teuflisch‘ ?
Und nicht etwa der jihadistische Krieg von 5 arabischen Staaten unmittelbar nach Ben Gurions Proklamation ? Mit der auf den Angriff und die Niederlage folgenden Konsequenz von Flucht und Vertreibung der arabischen Zivilbevölkerung des ehemaligen Mandatsgebiets Palästina ?
Übernehmen diese arabischen Staaten irgendwann ihren Teil der Verantwortung ?
Und die hiesige ‘pro-palästinensische’ Linke, die eigentlich anti-zionistisch gegen Israel agitiert ?
11 ) Die (taktische, nicht realistische) Forderung nach einem ‚palästinensischen Staat‘ heisst heute, solange noch die iranisch unterstützte Ideologie der Auslöschung Israels gilt:
* ein Vorposten dieser Mullahs;
* eine ständige Bedrohung nach Art des Pogroms vom 7. Oktober, oder andauernder Raketenbeschuss durch Hamas, Hisbollah und Huthis, allenfalls der HTS;
* ein Kalifat unter der Herrschaft der ‚gewählten‘ Regierung von Jihadisten, die von Genossen Zieglers wie Richard Falk als ‚Widerstandsgruppe‘ verharmlost und umgedeutet werden.
Nehmen Sie dazu Stellung, Monsieur, bevor die SP Schweiz in einen ‚Sozialismus des dummen Kerls‘ abdriftet.
12 ) Welch seltsame selektive Empathie auch: kaum eine Kolumne zu den realen Genoziden und ‘ethnischen Säuberungen’ der Gegenwart mit Hunderttausenden an Toten und Millionen von Flüchtlingen in Sudan, Jemen, Kongo, Irak, Syrien, Myanmar, China, Eritrea, Äthiopien… keine Notiz zur gewaltsamen Unterdrückung der Kurden in Iran, der Türkei, Syriens..
aber eine calvinistische Moralisierungssprache, sobald es gegen Israel geht.
Ergänzende Literaturliste (s. Kommentar zur vorgängigen Kolumne):
22. Grossman: “A Gaza è genocidio, mi si spezza il cuore ma adesso devo dirlo” Francesca Caferri La Repubblica 1.8.25
23. Begeht Israel einen Genozid im Gazastreifen? Viele in Europa möchten, dass der jüdische Staat des schlimmsten aller Kriegsverbrechen bezichtigt wird NZZ 5.8.25
24. Clifford D. May: South Africa and other antisemitic genocidaires accuse Israel of genocide – Blood libel in The Hague, Washington Times 16.1.24
25. Adam Kirsch: The False Narrative of Settler Colonialism. The rise of an academic theory and its obsession with Israel, The Atlantic 20.8.24
26. Benny Morris: “The 1948 War was an Islamic Holy War” Middle East Forum Vol.17/3, 2010
27. “Wir müssen den Völkermord benennen“ – “Amnesty spielt mit antisemitischen Mustern“ NZZ 22.7.25
28. Oppositioneller in Gaza: “Die Hamas stiehlt den Einwohnern das Essen“ NZZ 4.8.25
dazu auch Ahmed Fouad Alkhatib: „Hamas wants Gaza to starve“, The Atlantic 31.7.25
29. Ahmed Fouad Alkhatib: The Origin of Hamas’s Human Shields Strategy in Gaza, Opinion, Newsweek Feb 26, 2024
30. Debunking the Genocide Allegations: A Reexamination of the Israel-Hamas War from October 7, 2023 to June 1, 2025 (BESA Center, Sept. 2025)
31. Benny Morris: „Arafat didn’t negotiate – he just kept saying no“, The Guardian 23.5.02
32. Charlie Laderman: Hamas’ genocidal massacre on October 7 has deep historical roots, Engelsberg ideas, Oct. 16, 2023
33. Ori Josell: Zionism is De-Colonialism. Liberal Origins of Modern Israel, Oberlin Review, 26. April 2024
34. Official Statement by Ms. Alice Wairimu Nderitu, United Nations Special Adviser on the Prevention of Genocide, on the situation in the Middle East, 29 Oct. 2024
35. Gaza-Streit in der SP: Jetzt wehrt sich ein jüdischer Genosse NZZ 6.9.25
36. Statement by PM Netanyahu, Ministry of Foreign Affairs IL, 28.10.2023
37. The „Project“ of the Muslim Brotherhood – investigativeproject.org
38. An Explanatory Memorandum written in 1991 by a member of the Egyptian Muslim Brotherhood, New York Times 29.7.2011