Baumeister provozieren mit Gaga-Forderungen:
Fort mit Mindestlöhnen und Samstagszuschlag, dafür noch mehr Gratis-Überstunden!

Spüren sich die Baumeister noch? Trotz sich zuspitzendem Fachkräftemangel will der Baumeisterverband die Arbeitsbedingungen massiv verschlechtern, die Löhne senken und sogar das Krankentaggeld kürzen.

AUCH GOTTHARD-MINEURE BETROFFEN: Der Baumeisterverband will zuschlagsfreie Samstagsarbeit und noch mehr Gratis-Überstunden. (Foto: Matthias Luggen)

Eine offene Kriegserklärung ist es zwar noch nicht. Aber eine maximale Provokation der hart arbeitenden Bauleute auf jeden Fall! Die Rede ist vom Wunschkatalog des Schweizerischen Baumeisterverbands (SBV) für den neuen Landesmantelvertrag (LMV). Dieser regelt bekanntlich die Arbeitsbedingungen von rund 80 000 Bauleuten in der Schweiz – und läuft Ende Jahr aus. Unter Branchenkennern ist unbestritten: Ein neuer LMV muss die Arbeitsbedingungen schützen und aufwerten. Nicht zuletzt um die Abwanderung aus der Branche zu stoppen und um mehr Junge anzuziehen.
In diesem Sinn sind auch die Forderungen der organisierten Bauleute zu verstehen.

Die Baubüezer fordern:

  • Kürzere Arbeitstage und höhere Zuschläge für die ausufernde Samstagsarbeit
  • Eine bezahlte Znüni-Pause, wie sie in anderen Branchen längst Standard ist
  • Voll bezahlte Reisezeit vom Betrieb zur Baustelle. Heute zählt diese nicht zur Arbeitszeit und eine halbe Stunde pro Tag wird gar nicht bezahlt, was sogar dem Gesetz widerspricht.
  • Generelle Lohnerhöhungen und die Einführung des automatischen Teuerungsausgleichs

Doch geht es nach dem SBV, sollen die Bauleute künftig im Gegenteil unter einem noch härteren Regime schuften.

6-Tage-Woche soll Norm werden

Das geht aus einer Medienmitteilung der Gewerkschaften Unia und Syna hervor, die diese gestern Montag nach der ersten LMV-Verhandlungsrunde verschickt haben. Demnach stellte die Baumeister-Verhandlungsdelegation unter Direktor Bernhard Salzmann (45) folgende Forderungen:

Die Baumeister fordern:

  • Arbeitswochen bis 50 Stunden ohne Zuschläge, Arbeit auf Abruf nach dem kurzfristigen Bedürfnis der Firma
  • 6-Tage-Woche soll Norm werden: Samstag als gewöhnlicher Arbeitstag zu 25 Prozent weniger Lohn als heute
  • Neu sollen bis zu 250 Überstunden möglich sein – mehr als doppelt so viele wie heute und mit weniger Zuschlägen. Zudem bis zu 150 Minusstunden, für die der Bauarbeiter das Risiko trägt.
  • Ersatzlose Streichung der Mindestlöhne für gelernte Bauarbeiter und Abschaffung der heutigen Lohnangleichung für Bauarbeiter mit mehrjähriger Erfahrung
  • Keine Lohnerhöhungen mehr für die Gesamtbranche, nur noch auf den Mindestlöhnen – und diese sollen auch sinken dürfen!
  • Nur noch 80 Prozent Lohn für erkrankte Bauarbeiter, statt wie heute 90 Prozent.

«Verantwortungslos und ignorant»

Bei den Gewerkschaften sorgt der Baumeister-Wunschkatalog für Kopfschütteln. Nico Lutz, Unia-Sektorleiter Bau, sagt:

Statt die drängenden Probleme der Branche anzugehen, attackieren die Baumeister den LMV mit der Abrissbirne!

So extrem wie diesmal seien die Forderungen noch nie gewesen. Und Unia-Co-Leiter Bau Chris Kelley ergänzt: «Wir wollten seriöse Verhandlungen auf Augenhöhe, auch um die Personalkrise zu lösen, doch stattdessen schlagen die Meister pures Gift für die Branche vor.» Kelley betont zudem: «Schon heute verlässt jeder zweite Maurer die Branche und viel zu wenige Junge kommen nach.» Das sei auch dem SBV bewusst. Doch statt den Beruf attraktiver zu machen, wolle der SBV nun die Mindestlöhne für Gelernte streichen.

Diese Logik soll noch einer verstehen!


Gleich tönt’s bei der Gewerkschaft Syna. Co-Bau-Chef Guido Schluep meint:

Die Haltung der Baumeister ist schlicht verantwortungslos und ignorant.

Die Branche brauche dringend Fortschritte und «sicher keinen Totalabbau». Dass die Meister nun sogar die Mindestlöhne für Gelernte abschaffen wollten, sein ein Tabubruch, der ihn sprachlos mache.

Harter Arbeitskampf naht

Ein reiner Abwehrkampf komme weder für die Syna noch für die Unia in Frage, betonen die beiden Partnerinnen. In ihrem Communiqué heisst es: «Beharrt der Baumeisterverband auf seinen radikalen Forderungen und ist er nicht bereit, über familienfreundliche Arbeitszeiten zu verhandeln, steuert die Baubranche auf einen harten Arbeitskampf zu.» Die nächste Verhandlungsrunde steigt am 28. August.

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