Sexualisierte Gewalt
Viel zu oft wird der Arbeitsplatz zum Tatort

Von der beleidigenden Bemerkung bis zur sexuellen Belästigung – am Arbeitsplatz wird jede zweite Person belästigt. Ein unhaltbarer Zustand, so die Unia-Gleichstellungssekretärin Aude Spang.

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ERSCHRECKENDE ZAHL: Jede zweite Person wurde am Arbeitsplatz schon sexuell belästigt. (Foto: Canva)

Eigentlich ist die Sache klar: Die Schweiz hat ein Gleichstellungsgesetz und ein Arbeitsgesetz, welche Arbeitgebende verpflichten, Massnahmen zur Prävention von sexueller Belästigung am Arbeitsplatz zu ergreifen. Obwohl wir alle gesetzlich geschützt sind, scheitert es an der Umsetzung. Das zeigte eine Studie, die vor einem Jahr vom Eidgenössischen Büro für die Gleichstellung von Frau und Mann (EBG) veröffentlicht wurde. Jede zweite Person erlebt sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz. Unia-Gleichstellungssekretärin Aude Spang klärt über die Folgen dieser Lücken auf und sagt, wo sich Betroffene Hilfe holen können.

work: Was bedeutet es für Betroffene, an einem Ort zu arbeiten, wo sie sexua-lisierte Gewalt erleben? 
Aude Spang: Die Betroffenen sind ständig in einer Krisensituation. Oft sind sie zu ängstlich oder zu beschämt, um darüber zu sprechen, und leiden so lange, bis sie es nicht mehr aushalten können. Das ist ein immenser Druck, mit dem sie allzu oft alleingelassen werden. 

Welche Rolle spielen dabei Machtverhältnisse?
Machtverhältnisse sind am Arbeitsplatz weit verbreitet, sei es durch hierarchische Beziehungen oder durch die Dominanz von Geschlecht, Hautfarbe, Klasse oder anderen Faktoren. Dieses Machtungleichgewicht begünstigt Gewalt, denn je prekärer die Lage einer Person ist, desto verletzlicher ist sie. 

Es kann sein, dass Betroffene beruflich benachteiligt werden, anstatt dass der Täter bestraft wird.

AUDE SPANG, Gleichstellungssekretärin der Unia. (Foto: zvg)

Warum ist es für Betroffene schwierig, sich zu wehren? 
Interne Verfahren existieren oft nicht oder werden nur sehr schlecht kommuniziert. Sich an eine Vertrauensperson oder eine Beschwerdestelle zu wenden kann helfen, sich weniger allein zu fühlen. Man muss sich aber bewusst sein, dass die Einleitung eines internen Verfahrens oder ein Gespräch mit der Personalabteilung in der Regel einen Prozess in Gang setzt, den man nicht wirklich kontrollieren kann und bei dem insbesondere die Anonymität nicht mehr gewährleistet ist. Es kann auch sein, dass Betroffene beruflich benachteiligt werden, anstatt dass der Täter bestraft wird.

Was sind Alternativen?
Um die Situation zu lösen und Täter sowie den Betrieb zur Verantwortung zu ziehen, lohnt es sich, externe Hilfe zu holen. Beispielsweise bei der Gewerkschaft. Wir sind da, um den Betroffenen zu helfen. Zudem startet die Unia nächstes Jahr mit einer nationalen Kampagne gegen Belästigung und Gewalt am Arbeitsplatz.

Wo melden?

Hilfe findest du bei deiner ­Gewerkschaft oder auf der Website www.belaestigt.ch.

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