Tiefe Kosten, hoher Nutzen
So profitabel sind Lernende für die Betriebe

Firmen machen mit Lernenden immer grössere Gewinne. Gleichzeitig bricht jede vierte Person ihre Lehre ab. Das muss sich ändern, kritisiert der Schweizerische Gewerkschaftsbund.

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PROFITABEL: Betriebe machen immer mehr Gewinn mit Lernenden. (Foto: Canva)

Zurzeit befinden sich die Schülerinnen und Schüler in den Schweizer Oberstufen in der heissen Phase. Wer noch keine Lehrstelle hat, muss sich beeilen, um noch etwas Passendes zu finden. Es gilt das Credo: Bis Weihnachten muss der Lehrvertrag für den Lehrstart mit Sommer 2026 unterschrieben sein. Danach könnte es knapp werden. Wie streng das Auswahlverfahren in manchen Betrieben ist und welchem Druck sich die Schülerinnen und Schüler aussetzen, zeigt ein Beitrag von SRF
 
Doch wer profitiert mehr: die Lernenden oder die Betriebe? Dieser Frage nimmt sich eine neue Erhebung des Staatssekretariats für Bildung, Forschung und Innovation (SBFI) und der Eidgenössischen Hochschule für Berufsbildung an. Die Resultate sind klar:

Betriebe steigern mit Lernenden ihre Profite. Und sie tun dies immer stärker.

Im Ausbildungsjahr 2016 brachte eine auszubildende Person einem Betrieb pro Lehrjahr einen Nettonutzen von gut 3000 Franken. In nur wenigen Jahren ist dieser Wert massiv gestiegen. Für das Lehrjahr 2022 lag der Nettonutzen bereits bei 4500 Franken pro Lehrverhältnis und Jahr.
 
Weitere Fakten:

  • Bietet ein Lehrbetrieb eine zweijährige EBA-Lehre an, liegt der Nettonutzen bei 9630 Franken pro auszubildende Person.
  • Bietet ein Betrieb eine dreijährige EFZ-Lehre an, liegt der Nettonutzen für die ganze Ausbildung bei 13'940 Franken.
  • Und geht die EFZ-Lehre vier Jahre, liegt der Nettonutzen im Durchschnitt bei 17'510 Franken.

Jede vierte Person bricht die Lehre ab

Darf ein Betrieb so viel Profit auf den Schultern seiner Lernenden machen? Eine nicht so einfache Frage, weiss Nicole Cornu, Zentralsekretärin beim Schweizerischen Gewerkschaftsbund (SGB) und zuständig unter anderem für die Bildungspolitik. Sie sagt:

Betriebe sind nicht verpflichtet, Lernende auszubilden. Deshalb ist es grundsätzlich eine gute Motivation, wenn sich die Lehrlingsausbildung für sie auch finanziell lohnt. Doch die krasse Rentabilitätssteigerung wirft Fragen auf.

Die Ergebnisse der Kosten-Nutzen-Erhebung unterstreichen nämlich, dass Lernende einen wesentlichen Beitrag zur Wertschöpfung leisten. Häufig bereits ab dem zweiten Lehrjahr. Umso entscheidender ist es, dass Betriebe ihre Auszubildenden mehr wertschätzen. Denn zurzeit sieht es düster aus: Während Betriebe einen finanziellen Vorteil aus den Lernenden ziehen, leiden diese unter Stress und Erschöpfung. Der Druck in der Lehre nimmt zu, und die Unterstützung durch kantonale Lehraufsichten ist unzureichend. Lernende berichten von mangelhafter Ausbildungsqualität, fehlender Betreuung und geringer Wertschätzung. Das Resultat davon, jede vierte Person bricht die Lehre ab. Cornu sagt:

Diese Erhebung hält uns vor Augen: Für viele Betriebe ist es finanziell durchaus möglich, die Arbeitsbedingungen für die Lernenden zu verbessern.

Der Gewerkschaftsbund fordert deshalb: Aufwertung der Berufslehre mit mehr Ferien für Lernende und konsequente Investitionen in Ausbildungsqualität statt nur in Imagekampagnen. «Konkret kann man die Ausbildungsqualität verbessern, indem die Berufsbildner und Berufsbildnerinnen gestärkt und gefördert werden und in ihrem Arbeitspensum die Lernendenbetreuung berücksichtigt wird», nennt Cornu eine von vielen Lösungsansätzen. 

Kein Mindestlohn für Lernende

Alles wird teurer, doch die Löhne der Lernenden bleiben gleich. Darüber berichtete work schon vor drei Jahren (zum Beitrag). Damit sollte jetzt Schluss sein, den Start sollte Basel-Stadt hinlegen. Eine SP-Motion forderte deshalb einen Mindestlohn von 1000 Franken im ersten Lehrjahr. Das Anliegen bleibt im Grossen Rat chancenlos: Die Motion scheiterte mit 49 zu 41 Stimmen. Eine bittere Niederlage für die jungen Berufsleute im teuren Basel. Das Argument der Bürgerlichen, dass der Mindestlohn dazu führe, dass kleine Betriebe dann keine Lehrstellen mehr anbieten könnten, ist absurd. Die Motion sah nämlich vor, einen Fonds für die Lehrbetriebe einzurichten, die sich höhere Löhne nicht leisten können..

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