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Laura Gonzalez Martinez ist Verkäuferin in Zürich und Gewerkschafterin.

Kürzlich stand meine Chefin vor mir mit einem Berg neu gedruckter Preisschilder und staunte nicht schlecht: Die 100-Gramm-­Tafel Schoggi kostet plötzlich ­einen Franken mehr, uf ein Tätsch. Das Brot, Käse und noch vieles mehr. «Da gönnen wir uns ja gar nichts mehr», sagte sie mir. Lustig wird’s, wenn das Semmeli aber fünf Rappen günstiger wird. Das amüsiert uns, immerhin.

Übler Witz

Aber eigentlich ist es ganz und gar nicht lustig. Alles wird teurer. Und jetzt auch noch die Krankenkassenprämien. Ganze 4,4 Prozent im Schnitt. Irgendwo habe ich gelesen: Es hätte ja schlimmer kommen können, letztes Jahr waren es schliesslich 5 Prozent. Was für ein schwacher Trost. Da frag ich mich schon, wer sich alles über uns lustig macht, denn das ist ein ziemlich schlechter Witz. Über die letzten Jahre hinweg sind ja NUR die Mieten gestiegen, NUR die Lebensmittel, NUR so ziemlich alles, was wir benötigen, um zu leben. work ­berichtete, dass eine vierköpfige Familie nächstes Jahr bis zu 14 000 Franken für die ­Prämien zahlen wird. Das ist abso­luter Wahnsinn! Ich frage mich, ob da zwei Jobs reichen, um alles bezahlen zu können.

Schlechte Idee

Manche Menschen sagen mir, ich solle halt nicht mehr in der Stadt wohnen, wenn ich mir das nicht mehr leisten könne. Das nervt mich ungemein. Denn Selbstbestimmung gehört auch zu einem guten Leben dazu. Ich sollte bestimmen können, wo ich mein Semmeli oder doch die Tafel Schoggi mampfen will, ohne mir Gedanken machen zu müssen, einen weiteren Job anzunehmen. Damit ich ein Leben habe ohne Schulden und nicht in der Altersarmut lande. Ich halte so lange, wie es geht, an meinem Zuhause fest, an dem Ort, wo mein Leben und das meiner Familie stattfindet. Die Sorgen sind enorm präsent, die Sorgen begegnen mir im Laden und zu Hause. Beim Einkauf und wenn ich den Briefkasten leere.

Drastische Massnahmen

Und ich bin nicht die Einzige: meine Gspönli über­legen sich auch zweimal, ob sie sich was gönnen oder sich gar für drastische Massnahmen entscheiden müssen beziehungsweise dazu gezwungen werden. Zum Beispiel, umzuziehen. Die Unsicherheit, total die Kontrolle und den hartverdienten Schlaf zu verlieren, ist bei uns allen gross. Gerne würde ich mal an dem System rütteln, damit es NUR allen gut geht. Ohne Witz.

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