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Laura Gonzalez Martinez ist Verkäuferin in Zürich und Gewerkschafterin.

Für mein Kunststudium hatte ich die Gelegenheit, eines meiner Unia-Gspönli zu interviewen, das sich sehr aktivistisch engagiert. Ein Satz aus diesem Gespräch blieb mir besonders im Gedächtnis: «Sobald ich die Haustür hinter mir schliesse, bin ich politisch.» Das war bedeutend für mich. Vor einigen Wochen bin ich auf einen ähnlichen Satz der US-amerikanischen Comic-Autorin Alison Bechdel ge­stossen: Das Private ist politisch. Im krassen Kontrast dazu ist die Äusserung, die mir ebenfalls häufig begegnet, insbesondere an meinem Arbeitsplatz: «Ich bin nicht politisch interessiert, oder es betrifft mich nicht.» Wie kann das sein? Hat die Politik nicht Einfluss auf jeden Menschen? Unabhängig davon, ob wir berufstätig sind oder nicht? Egal, ob gerade gesund oder krank? Hat die Politik nicht auch Einfluss auf die, die Kinder haben oder kinderlos bleiben möchten, auf die gesamte Care-Arbeit und vieles mehr? Das Frühstück hat mit Politik zu tun, die Znünipause, der Heimweg, die Wohnung …

Frustriertes Nein

Politik legt unsere Lebensweise fest, im Job und im Privatleben. Sie legt fest, inwieweit wir uns als Persönlichkeit öffnen können oder wann wir Angst haben sollten. Hinter jeder Haustür verbirgt sich ein Bedürfnis oder ein Pro­blem, das nach einer Lösung verlangt, und wir können bei diesen Lösungen mitbestimmen. Vor einem Monat habe ich in einem Spital ein gutes Beispiel erlebt. Ich holte meine Mutter ab, nachdem sie eine Zeitlang dort in Behandlung war, und sie erzählte mir, dass sie den enormen Stress des Pflegepersonals gespürt habe. Alle waren super nett und sehr kompetent, aber der Personalmangel war offensichtlich. Ich hatte kurz die Gelegenheit, mich mit einer Person vom Spital auszutauschen, und diese bestätigte mir das offen. Ihre Empfehlung: Meine Mutter solle doch das schriftlich der Spitalleitung mitteilen. Je mehr Beschwerden eingehen, desto besser. Vielleicht hilft das. Ich sprach dann mit der Pflegerin über die geplante Pflegedemo am 22. November in Bern. Doch sie schüttelte energisch den Kopf und sagte, wenn sie mitmachen würde, riskiere sie ihren Job. Das war ein klares und erkennbar frustriertes Nein.

Mein Unia-Gspönli und Alison haben recht: das Private ist politisch. Zum Beispiel dann, wenn wir Angst haben müssen, unsere Meinung auf die Strasse zu tragen. Ich habe der Pflegerin im Spital mein Wort gegeben: Ich gehe nach Bern. Selbst wenn ich nicht im Pflegebereich tätig bin, betrifft es uns alle.

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