Ex-Fahrer Danilo Moro (37) bietet DPD die Stirn
Die vereinten DPD-Fahrer auf Erfolgskurs

Danilo Moro (37) weiss, welche Torturen DPD-Fahrer tagtäglich ­erleiden. Doch er hat dafür gesorgt, dass die meisten Fahrerinnen und Fahrer heute im Tessin ­direkt bei DPD angestellt sind.

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GEWERKSCHAFTER DANILO MORO: «DPD-Fahrer arbeiten am Rande des Existenzminimums, während der Konzern riesige Gewinne eingefahren hat.» (Foto: Jakob Ineichen)

work: In der Deutschschweiz hat ein DPD-Subunternehmen Konkurs ­angemeldet, während die Fahrer noch auf ihre Löhne warten. Gibt es solche Fälle auch im Tessin?
Danilo Moro: Ja, es gab immer wieder solche Firmen, die plötzlich zahlungsunfähig waren und die ausstehenden Löhne nicht mehr zahlten. Auch ich habe für ein solches Unternehmen gearbeitet. Damals, im Jahr 2020, waren im Tessin noch alle DPD-Fahrer von Subunternehmen angestellt. Unsere Arbeit war permanent überwacht und gesteuert vom DPD-Konzern, aber mit einem System, das die ganze Verantwortung auf die Subunternehmen abgewälzt hat.

Welche Erinnerungen haben Sie an Ihre Zeit als DPD-Kurier?
Jeder Arbeitstag war extrem anstrengend und dauerte 12 bis 14 Stunden. Wir hatten eine «Null-Rückgabe-Regel»: Wir mussten also alle Pakete, die wir im Lieferwagen hatten, um jeden Preis ausliefern. Dadurch hatten wir keine festen Arbeitszeiten, keine bezahlten Überstunden, kaum Pausen und willkürliche Lohnabzüge für verlorene Pakete oder Schäden am Liefer­wagen. Der Druck war so gross, dass viele meiner Kollegen körperlich und psychisch zusammenbrachen. An ein Familienleben war nicht mehr zu denken. Es war versteckte Akkordarbeit unter dem Deckmantel von «Flexibilität» und «Effizienz».

Wie hoch war der Lohn für diese ­Arbeit?
Das Durchschnittsgehalt eines DPD-Fahrers im Tessin lag 20 bis 30 Prozent unter demjenigen eines Postangestellten, der fast die gleiche Arbeit wie wir machte. Viele von uns verdienten nicht mehr als 3000 Franken netto im Monat. Wir arbeiteten am Rande des Existenzminimums, während der Konzern, der mehrheitlich im Besitz des französischen Staatsbetriebs «La Poste» ist, riesige Gewinne eingefahren hat.

Wie haben Sie sich unter den DPD-­Kurieren im Tessin organisiert?
Wir haben das «Collettivo Operaio DPD Giu­biasco» gegründet: ein Kollektiv, das mit der Gewerkschaft Unia zusammenarbeitet, aber politisch unabhängig und selbstorganisiert ist. Das Kollektiv hat Arbeitnehmende ganz unterschiedlicher Herkunft zusammengebracht und damit eine einheitliche Stimme gegen die Erpressung durch die Arbeitgeber geschaffen. Wir haben kollektive Aktionen gestartet, um die Produktivität zu drosseln, und haben die Arbeitsbedingungen öffentlich angeprangert. Wir haben auch die ­Gewerkschaften Syndicom und Transfair, die das DPD-System stabilisieren, offen kritisiert.

Und was hat sich seither verbessert?
Vor fünf Jahren gab es noch gar keine ­direkt von DPD angestellten Fahrer im Tessin. Heute sind wir bei einer Quote von 75 Prozent! Wir haben auch die korrekte stündliche Erfassung der Arbeit und eine Regelung für die Pausen erreicht. Auch die illegalen Lohnabzüge mit Geldstrafen für verlorene Pakete oder Schäden an den Fahrzeugen darf es nicht mehr geben. Die Löhne sind in den letzten fünf Jahren zwischen 18 und 21 Prozent erhöht worden. Und ein DPD-Vorgesetzter, der das Bild von Benito Mussolini in seinem Büro aufgehängt hatte, wurde entlassen. Zuletzt feierten wir ein Gerichtsurteil zu unseren Gunsten: Das letzte verbleibende DPD-Subunternehmen im Tessin muss mehrere Zehntausend Franken für ausstehende Essensgutscheine der letzten 13 Monate zahlen. All das haben wir nur durch unseren Kampf erreicht. Ohne diesen Druck hätten DPD und die Subunternehmen kein einziges Zugeständnis an uns gemacht.

Wegen seiner gewerkschaftlichen Aktivitäten hat Danilo Moro seinen Job als DPD-Fahrer verloren. Noch im Jahr 2021 war er als einer der besten Fahrer seines Teams ausgezeichnet worden. Heute arbeitet er als Gewerkschaftssekretär der Unia im Kanton Tessin und ist weiterhin Teil des «Collettivo Operaio DPD Giubiasco», das trotz vielen Personalwechseln weiterhin aktiv ist.

Konkurs: Und die DPD ist fein raus

AUSGENUTZT: Peter Veslar. (Foto: Raja Läubli)

Die Transportfirma Act GmbH aus Winterthur ist konkurs. Sie war eines von 65 Subunternehmen, die in der Schweiz mit ungefähr 700 Fahrerinnen und Fahrern den Lieferservice der Pakete für DPD ­übernehmen.

Allgemeinheit zahlt

Peter Veslar (46) war Fahrer bei der Act GmbH. Er und die meisten seiner elf ­Kollegen kamen für ihre ­Arbeit als Kurierfahrer aus osteuropäischen Ländern in die Schweiz. Wegen ausstehender Lohnzahlungen in der Höhe von rund 30 000 Franken ging Veslar Anfang 2025 gegen seinen Arbeitgeber vor Gericht (work berichtete). Die letzten vier ausstehenden Monatslöhne wird Veslar jetzt von der Arbeitslosen- und Insolvenzversicherung ­erhalten. Auch beim ­Konkurs dieses ­Subunternehmens stiehlt sich DPD aus der Verantwortung und überlässt die Kosten der Allgemeinheit. DPD und die Act Gmbh liessen die Anfrage von work für eine Stellungnahme unbeant­wortet.

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