Nationale Pflegedemo in Bern
Der Geduldsfaden ist gerissen: Über 5000 auf dem Bundesplatz

Die Menschen in den Gesundheitsberufen sind sauer. Mit einer mächtigen Demo machten sie heute Druck auf die Politik. Wenn weiter nichts passiert, sind auch Streiks kein Tabu mehr.

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ANGRY NURSE: Die Menschen aus den Gesundheitsberufen haben heute in Bern klargemacht, dass sie keine Geduld mehr haben. (Foto: Keystone)

Die Pflegefachfrau Silvie Floh ist enttäuscht. «Von uns Pflegenden wird erwartet, dass wir keine halben Sachen machen. Dasselbe erwarten wir auch von der Politik», sagte sie heute vor über 5000 Demo-Teilnehmenden auf dem Bundesplatz in Bern. Gekommen waren Pflegende, Ärztinnen, Mitarbeitende aus den Labors, aus der Reinigung – aber auch zahlreiche Menschen, die nicht im Gesundheitswesen arbeiten. Pensionierte etwa, oder Vertreterinnen aus den Feministischen Streikkollektiven. Weil eine starke Pflege und anständige Arbeitsbedingungen uns alle angehen.

Vier Jahre, so Pflegefachfrau Floh, hätten Bundesrat und Parlament jetzt Zeit gehabt, nach dem deutlichen Ja zur Pflegeinitiative den Volkswillen umzusetzen. Sie sagt:

Doch was ist bis jetzt passiert? Eigentlich nichts!

Auch die Gesetzesvorlage, mit der der Bundesrat die Arbeitsbedingungen verbessern wolle, sei «absolut nicht genügend». So fehlten jegliche Vorgaben, mit wie viel und wie qualifiziertem Personal Heime und Spitäler die Schichten besetzen müssen. Das wäre die Basis für sichere und gute Pflege, so Floh. «Wenn wir nur noch von A nach B hetzen, weil wir siebentausend Dinge gleichzeitig ausführen sollten, dann funkioniert das nicht. Sondern nur, wenn wir die Arbeit auf genügend Schultern verteilen können.»

«In letzter Konsequenz: Streiks»

Die Demo machte deutlich: Die Geduld des Gesundheitspersonals hat jetzt ein Ende. Wenn es nicht anders geht, wollen sie sich auch mit Kampfmassnahmen für ein sicheres und soziales Gesundheitswesen einsetzen. In einer gemeinsamen Resolution, die an der Demo verabschiedet wurde, heisst es: «Wir verschaffen uns Gehör mit Aktionen wie, in letzter Konsequenz, Streiks.»

Vor wenigen Tagen gestreikt hat Friederike Flückiger, ebenfalls Pflegefachfrau am Kantonsspital in Lausanne. Sie berichtete an der Demo von der Wut über die Sparpläne der Kantonsregierung inklusive Lohnkürzungen. «Da haben wir gesagt, es gibt nur noch ein Druckmittel. Wir haben Versammlungen abgehalten, informiert und abgestimmt, und gemeinsam haben wir für den Streik gestimmt. Und es hat wirklich funktioniert! Am Dienstag haben Hunderte im Spital die Arbeit niedergelegt. Wir waren Pflegende, Ärztinnen, Laboranten, Hebammen, die Kinderklinik, Psychiatrie, Küche, Hygiene, der Sozialdienst…»

Dank von der «Heldin»-Regisseurin

Per Video zugeschaltet war an der Demo auch Petra Volpe, Autorin und Regisseurin des Films «Heldin», der eindrücklich die Realität in der Pflege aufzeigt. Auch sie zeigte sich enttäuscht: «Es fehlt an politischem Willen, die Plege ernst zu nehmen!» Sie dankte den Teilnehmenden für ihr Engagement und gab ihnen zum Stichwort Streik mit auf den Heimweg:

Pflege ist so wichtig, das gibt euch auch sehr viel Macht. Ein Streik in der Pflege ist nur der Anfang. Es braucht zivilen Ungehorsam. Ich denke, wenn weiter nichts passiert, braucht es einen Generalstreik.

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