Neue Studie über Tabu-Thema Wechseljahre
Keine Kraft mehr für Karriere

Die Menopause ist mit grosser Scham behaftet. Und es fehlt an Aufklärung. Denn in Gesundheitsfragen ist der Mann noch immer die Norm. Eine Pionier­studie zeigt die Folgen für Frauen am Arbeitsplatz auf.

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EINSCHNEIDENDE LEBENSPHASE: Die Menopause beeinflusst die Karriere einer Frau massgebend. Foto: Getty Images

Es sind die drei «M», welche das Leben einer Frau nicht nur im Privaten, sondern auch am Arbeitsplatz prägen können: Menstruation, Mutterschaft und Menopause. Während rund um die Themen Menstruation und Mutterschaft gesprochen, geforscht und gefordert wird, bleiben die Wechseljahre auf allen Ebenen ein blinder Fleck. Doch damit soll jetzt Schluss sein. Vor kurzem publizierte das Berner Inselspital gemeinsam mit der Hochschule für Wirtschaft und Recht Berlin und dem auf die Wechseljahre spezialisierten ­Unternehmen «The Women Circle» die erste schweizweite Studie. Die Forscherinnen und Forscher haben über 2000 berufstätige Frauen befragt, wie sie mit den Wechseljahren konkret am Arbeitsplatz klarkommen. Die Ergebnisse sind gravierend:

  • 5,7 Prozent sind früher in Pension gegangen.
  • 13,3 Prozent haben eine Auszeit genommen.
  • 16,4 Prozent haben die Stelle gewechselt.
  • 20,5 Prozent haben ihre Arbeitszeit ­reduziert.

Das bedeutet: Viele Frauen ändern während der Wechseljahre etwas an ihrem Anstellungsverhältnis. Das hat Folgen für die betroffene Frau, für das Unternehmen, aber auch für unsere Volkswirtschaft. Christine Michel, Fachsekretärin für Gesundheitsschutz der Gewerkschaft Unia, sagt: «Diese Studie bringt viel Licht ins Dunkel. Wir wissen bereits von Gesprächen mit unseren Gewerkschaftsmitgliedern, dass die Wechseljahre einen erheblichen Einfluss auf die Arbeitssituation haben. Über das Ausmass der Auswirkungen bin ich dennoch überrascht.»

1,5 Millionen Frauen betroffen

Die Wechseljahre bezeichnen die hormonelle Umstellungsphase rund um das Ende der Fruchtbarkeit. Diese Umstellung betrifft Frauen im Alter zwischen 40 und 65 Jahren, was in der Schweiz zurzeit 1,5 Millionen Frauen sind. Häufige Symptome sind Erschöpfung, Schlafstörungen, Reizbarkeit, Hitzewallungen oder depressive Verstimmungen. So viele Betroffene, und weiterhin ein solches Tabuthema, warum? Dazu sagt Unia-Frau Michel: «Gerade in Gesundheitsfragen ist der Mann die Norm. So sind geschlechtsspezifische Phänomene weniger auf dem Radar, was zu schwerwiegenden Folgen führen kann» (work berichtete). Wie schwerwiegend, zeigt ein genauerer Blick in die Studie.

Gerade beim Thema Karriereentscheidungen fühlen sich Frauen in den Wechseljahren gelähmt. So teilt eine Befragte mit: «Ausharren im jetzigen Job, bloss nicht auffliegen mit meiner schwächeren Leistung. Weil die Energie habe ich nicht, einen neuen Job zu finden.» Damit ist sie nicht allein. Andere Teilnehmerinnen haben auf Führungspositionen verzichtet, das Pensum nicht erhöht oder neue Angebote ausgeschlagen. So fasst eine Befragte zusammen: «Die Wechseljahrssymptome haben meinen Werdegang so beeinflusst, dass ich weniger Verantwortung tragen wollte.»

Was macht die Gewerkschaft?

Auch bei den Gewerkschaften war das Thema lange nicht präsent. Gesundheitsexpertin Michel: «Zugegeben: Bei diesem Thema steht auf gewerkschaftlicher Ebene noch einiges an ­Arbeit an. Aber es ist schon mal ein grosser Schritt, die Wechseljahre überhaupt zum Thema zu machen. Das passiert nun auch in gewerkschaftlichen Gremien.» Zum Beispiel am feministischen Kongress des Schweizerischen Gewerkschaftsbundes am 21. und am 22. November. Michel leitet dort den Workshop «Gesundheit am Arbeitsplatz», wo sie aktuelle Zahlen, Fakten und Wissenslücken zum Thema präsentiert. Auch die Menopause wird am Workshop besprochen, und Fragen werden geklärt: Wo besteht Handlungsbedarf, und wie können wir uns als Gewerkschafterinnen am Arbeitsplatz engagieren, um besseren Gesundheitsschutz zu fördern.

Dieser ganze Prozess steht am Anfang, doch für Michel ist es wichtig zu betonen: «Es sind reale Herausforderungen, die wir ernst nehmen müssen! Es gilt zu verhindern, dass Beschwerden der Wechseljahre zu einer weiteren Diskriminierung am Arbeitsplatz führen.» Christine Michel appelliert auch an die Arbeitgeber: «Sie sind gefordert, sich mit diesem Thema auseinanderzusetzen. Im Vordergrund stehen Sensibilisierungs- und Schulungsmassnahmen auch von Vorgesetzten, Unterstützungsangebote sowie allfällige Anpassungen des Arbeitsplatzes.»

Kurs: Fit für die Wechseljahre

Viele Frauen haben Hemmungen, über die Wechseljahre zu sprechen. Damit ist jetzt Schluss! Bei ­Movendo, dem Bildungsinstitut der ­Gewerkschaft, können sich Gewerkschaftsmitglieder über die Lebensphase informieren und austauschen. Und zwar im Kurs «Fit durch die Wechseljahre». Während zweier Tage lernen Frauen über vierzig, ­ihren Körper besser zu verstehen, die körperlichen und mentalen Veränderungen zu erkennen und positiv zu unterstützen. Der Kurs findet im Jahr 2026 sogar zwei Mal statt:

18.–19. Mai 2026 in Vitznau
10.–11. September 2026 in Läufelfingen

Das gesamte Movendo-Programm für das kommende Jahr wird am 20. Oktober publiziert.

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